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definiert Symbolik im „weiten Sinn“ als „indirekte[n] und übertragene[n] Vorstellungsmodus [Repräsentationsmodus] einer Idee, eines Konflikts, eines unbewußten Wunsches“ (S. 481). Im engeren Sinn bezeichnet „Symbolik“ einen Vorstellungsmodus, „der sich hauptsächlich durch die Konstanz des Zusammenhangs zwischen dem Symbol und dem unbewußten Symbolisierten auszeichnet“ (ebd.). Diese Konstanz findet sich bei Individuen unterschiedlicher Kulturen sowie im Mythos, in der Folklore, der Religion und der Sprache. Das Wort selbst leitet sich vom griechischen symbolon her, einem Gegenstand, für gewöhnlich ein Tonring oder eine Tontafel, der in zwei Hälften gebrochen wurde, welche dann zwei Personen oder zwei Parteien ausgehändigt wurden. Die Scherben repräsentierten einen Vertrag und dienten als Zeichen des Wiedererkennens der Vertragspartner nach Abwesenheit. Die Bedeutung der beiden Objekte ergibt sich also aus ihrer Verbindung - Symbol und Symbolisiertes sind nicht identisch. Impliziert ist zugleich die Anerkennung der Getrenntheit zwischen Objekt und Subjekt (Klein 1995 [1930]; Segal 1957). Skeltons „The Edinburgh International Encyclopaedia of Psychoanalysis” (Skelton 2006) definiert „Symbolisierung“ allgemein als „Bedeutungsstiftung, z.B. durch Kunst und Kreativität“. In der Psychoanalyse werden drei Symbolisierungsebenen beschrieben, nämlich 1. die anfängliche Ebene, 2. die diskursive Ebene und 3. die Ebene der Symbolisierung des dynamischen Konflikts. Alain de Mijolla’s (2002/2005) “International Dictionary of Psychoanalysis” enthält den von Alain Gibeault verfassten Eintrag „symbolization“, der diese wie folgt definiert: „Die Operation, durch die ein Objekt ein anderes repräsentiert. Ein Objekt wird zum Ersatz für ein anderes, ist aber vor allem das Resultat eines Prozesses, der sowohl die Fähigkeit, ein abwesendes Objekt zu repräsentieren, voraussetzt als auch ein Subjekt, das zu erkennen vermag, dass das Symbol nicht identisch ist mit dem symbolisierten Objekt.“ (S. 1765) Ein weiterer wichtiger Trend nordamerikanischer und europäischer Theoretiker (Neubauer 1987, 1990, 2000; Piaget 1936; Lacan 1966; Winnicott 1953; Kristeva, 1974/1984; Modell 1970; Loewald 1988), von denen sich einige auch für die Sprachwissenschaft und die Philosophie interessierten, konzeptualisierte die Symbolisierung als Beispiel für jene Form der Kommunikation, die sich gewöhnlich zwischen Mutter und Kind entwickelt und den Spracherwerb und somit die symbolische Repräsentation – und später die Verbalisierung komplexer innerer Zustände – fördert. Zu den Details dieser Entwicklungen siehe unten. Im aktuellen lateinamerikanischen psychoanalytischen Wörterbuch (Borenzstejn et al. 2014) wird die Symbolisierung nicht aufgeführt. Der Vorgang wird im Allgemeinen als Konzept aus dem Theoriekorpus verschiedener Disziplinen verstanden. Spezifisch für die Psychoanalyse ist der Fokus auf unbewussten und
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