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Wie lassen sich die hochgradig diversen psychoanalytischen Theorien – ein veritabler babylonischer Turm – unter einer gemeinsamen, uns allen verständlichen Sprache zusammenführen, ohne dass die spezifische Effizienz und der Reichtum der individuellen psychoanalytischen Kultur darunter leidet (Arbiser 2014)? Solche epistemologischen und methodologischen Schwierigkeiten und Kontroversen sind in den verschiedenen psychoanalytischen Regionen, theoretischen Schulen und Forschungsbereichen relevant. Auf unterschiedliche Weise kommen sie in den Bindungsstudien zum Tragen, die von Mary Ainsworth et al. (1978) mit dem Paradigma der „Fremden Situation“ durchgeführt wurden; in Beatrice Beebes (2000) Interaktionstheorie, die sich auf Batesons (1972) ökologische Modelle stützt und mit einer Methode der minuziösen Videoanalyse von Mutter-Säugling-Dyaden bzw. Mutter-Säugling-Therapeutin–Triaden arbeitet; in neuropsychoanalytischen Untersuchungen (Balbernie 2001; Shevrin et al. 2013); in Otto Kernbergs (2015) Studie über neurologische Korrelate der Objektbeziehungstheorie; in Leo Rangells (1971) Funktion der unbewussten Entscheidungsfindung, die Theorien der Informationsverarbeitung mit psychoanalytischen Untersuchungen über die unbewusste Ich-Aktivität zusammenführt; in Matte Blancos (1959) Konzeptionalisierungen der „unbewussten Logik“ und der „Bi-Logik“, die mathematische Theoreme der Logik mit Freuds Formulierungen des Unbewussten und des Primärvorgangs verbindet. Zahlreiche weitere Beispiele ließen sich nennen. In einem breiten Sinn verstanden, inspirieren und reflektieren Libermans Theorie der Kommunikation und ihre modernen Weiterentwicklungen auch die zeitgenössische Tendenz der Psychoanalyse zur Perspektive einer intersubjektiven und interpsychischen „unbewussten Kommunikation“, die der intrapsychischen Perspektive ergänzend zur Seite tritt. Schon der Gründer der Psychoanalyse hatte sich die Entmystifizierung der menschlichen Seele und die wissenschaftliche Fundierung des tiefenpsychologischen Verständnisses ihrer unbewussten Aktivität zum Ziel gesetzt. David Libermans Theorie der Kommunikation ist ein originärer, tragfähiger und weithin anwendbarer Beitrag in ebendieser Richtung.
LITERATUR
Abraham, K. (1924). A Short Study of the Development of the Libido Viewed in Light of Mental Disorders. In: Selected Papers of Kar Abraham, M.D. (pp.407-417). London: Hogarth Press (1927). Ainsworth, M., Blehar, M., Waters, E., & Wall, S. (1978). Patterns of Attachment: A Psychological Study of the Strange Situation . Hillsdale, NJ: Erlbaum.
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