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Erfahrungen und eine Theorie der psychischen Repräsentation. Die Frage der Niederschriften und Spuren geht auf Freud zurück. Im Gegensatz zur „Symbolik“, die ein Objekt durch ein Symbol repräsentiert, findet bei der Symbolisierung keine Verbindung des Objekts mit seiner Repräsentation statt. Vielmehr werden Repräsentationen oder psychische Spuren des Objekts miteinander verbunden, und je nach Anzahl und Art der Spuren gibt es unterschiedliche Symbolisierungsebenen. Das Thema der Niederschriften und Spuren subjektiver Erfahrung taucht erstmals in Freuds berühmtem Brief an Wilhelm Fließ vom 6. Dezember 1896 auf. In diesem Brief formuliert er die Überlegung, „daß das Gedächtnis nicht einfach, sondern mehrfach vorhanden ist“ (Freud 1985c [1887-1904], S. 219), nämlich in „verschiedenen Arten von Zeichen niedergelegt“ (ebd.). Freud benutzt das Kürzel „Wz“ für die psychische Niederschrift der Wahrnehmungsspuren und ihre Speicherung im Gedächtnis. Sodann gibt es eine Spur, die Freud als „Begriffserinnerungen“ bezeichnet (ebd.). Diese entsprechen den „Sachvorstellungen“ und sind dem Unbewussten eingeschrieben. Eine dritte Spur sind schließlich die vorbewussten Wortvorstellungen. Wenn es drei Erinnerungsspuren gibt, muss es zwangsläufig zwei Prozesse des Passierens von einer zur anderen geben, zwei Transformationsprozesse und, insoweit es sich um die Repräsentation von Spuren handelt, zwei Prozesse der Herstellung dieser Spuren und daher der Symbolisierung. Damit stellt sich die Frage nach dem Transformationsprozess, der die Spuren miteinander verbindet. Freud verstand den Übergang von den Wahrnehmungszeichen zur Repräsentation von Dingen zunächst als ein einfaches Resultat der Reduzierung des Besetzungsbetrags. Eine hohe Besetzung von Erinnerungsspuren führt zu einer „Wahrnehmungsidentität“, d.h. zu einer halluzinatorischen Aktivierung. Ist die Besetzung gering oder bleibt der Prozess auf den inneren psychischen Raum begrenzt, wie es durch die Hülle des Traumes geschieht, führt die Aktivierung der Erinnerungsspur nur zu einer einfachen Vorstellung, einer Sachvorstellung. In dieser ersten Konzeptualisierung (Freud 1895d [1893-95], 1895g, 1896c) besteht der erste Prozess lediglich in einer einfachen Verringerung der Besetzungsquantität, eine Folge der Trauer um die „Wahrnehmungsidentität“ zugunsten einer einfachen „Denkidentität“. Der erste Symbolisierungsprozess wird daher anfangs als „rein quantitativer“ verstanden. Für das klinische Denken hatte dies zur Folge, dass es auf die Quantitätsreduzierung abhob - dieselbe Erregung – und auf die Seite von Geduld/Aushalten und Masochismus, wenn die Quantitätsverringerung als Bindungsprozess verstanden wurde. Bevor wir untersuchen, was den Anstoß zur Weiterentwicklung dieses ersten Modells gab, müssen wir ein alternatives Modell Freuds in den Blick nehmen, das in rudimentärer Form von Anfang an vorhanden war (Freud 1900a, 1911b). Im
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