Zurück zum Inhaltsverzeichnis
Dieser Versuch nimmt in Bions Buch Transformationen (1997 [1965]) die Gestalt abstrakter Formeln an. Am Ende des Buches wird klar, dass Bion erkannt hatte, dass die von ihm bislang beschriebenen Transformationen auf der Ebene von Repräsentationen stattfinden, während die grundlegenden Transformationen in der Psychoanalyse über diese Ebene hinausgehen. Das bedeutet, dass die abstrakte mathematische Methode auf diese grundlegenden Veränderungen nicht anwendbar ist. Diese Erkenntnis veranlasste Bion, sich – um den analytischen Blickwinkel beizubehalten – anderen Traditionen der Realitätswahrnehmung zuzuwenden, nämlich den sogenannten Mysterikern, die in ihren Schriften ebenfalls versuchten, etwas zu vermitteln, das sich der Repräsentation durch Sprache entzog. An diesem Punkt erklärt Bion, dass der numinöse Bereich, den er „O“ nennt, dem Analytiker als Kompass zu dienen habe. Diesen Ansatz hat er in „Aufmerksamkeit und Deutung“ (Bion 2006 [2002]) weiterentwickelt. Laut James Grotstein (vgl. Mijolla 2002-2005) war Transformationen Bions letzter Versuch, klinische psychoanalytische Phänomene mithilfe mathematischer Notationen wissenschaftlich präzise zu erfassen. „Transformationen in O“ bilden „eine Brücke zu einer neuen Wissenschaft“ nämlich der „intuitionistischen“, der er sich fortan widmete. Nachdem er zuvor bereits die Psyche definiert hatte, die sich entwickeln muss, um „die Gedanken ohne den Denker“ (Präkonzeptionen) zu denken, schickte er sich an zu erklären, wie sich diese Gedanken von den Sinneseindrücken emotionaler Erfahrung (Beta-Elemente) zu Alpha-Elementen entwickeln, die psychisch verarbeitet werden können. Sodann definierte er die Schritte dieses psychischen Verdauungsprozesses, den diese Beta- und Alpha-Elemente im Analysanden und im Analytiker durchlaufen, um sie in ein wissenschaftliches System zu integrieren. Bions epistemologische Transformation der psychoanalytischen Metapsychologie war damit abgeschlossen (Grotstein, zit. nach Mijolla 2002-2005, S. 1791; Klammern und Hervorhebung ergänzt). Bions freizügige Anwendungen interdisziplinärer Modelle aus verschiedenen Bereichen der Mathematik (von der Euklid’schen und projektiven Geometrie zur nicht- euklidischen algebraischen Geometrie und Algebra), aus der Wissenschaftsphilosophie, der Ästehtik und Kunst in Verbindung mit der komplizierten, hochgradig abstrakten und bisweilen mehrdeutungen Darstellung lässt Raum für unterschiedliche Interpretationen und unterschiedliche (sogar widersprüchliche) Erklärungen und Definitionen . Dementsprechend finden im lateinamerikanischen, nordamerikanischen und europäischen psychoanalytischen Denken jeweils unterschiedliche Aspekte besondere Betonung. Unter der Voraussetzung, dass Transformation bedeutet, etwas von seiner ursprünglichen Form in eine neue Form zu bringen, postuliert die nordamerikanische Definition in enger Anlehnung an Bions Text Folgendes: Bions Theorie erklärt, wie die Psyche das prä-mentale In-der-Welt-Sein in mentale Elemente einschließlich emotionaler Erfahrung und kognitiver Funktionen
848
Made with FlippingBook - Online magazine maker