Zurück zum Inhaltsverzeichnis
Affektzustände durcharbeiten muss, um ihren Kommunikationsaspekt erkennen zu können. Solche Projektionen können ihm durch seine Gegenübertragung Aufschluss darüber geben, mit welchen Affektzuständen der Patient ringt und welche Affekte er kommuniziert. Ebendiese Perspektive erweitert sich im Werk von Anne Alvarez (1992) zu einer Sichtweise des gesamten analytischen Prozesses als Ko-konstruktion . Das komplexe Verständnis des erheblichen Einflusses, den intersubjektive Prozesse auf den Analytiker, den Analysanden und die Behandlung ausüben, ist zu einem Großteil auf die Entwicklung des kleinianischen Denkens in Großbritannien zurückzuführen – angefangen mit Klein und ihren Schülern Bion (1959) und Rosenfeld (1962, 1969, 1987) –, aber auch auf die argentinische Schule von Racker (1957, 1968) und Grinberg (1956, 1968). Erweiterungen dieser Perspektive erfolgten durch Segal (1983), Joseph (1985), Spillius (1994) und O’Shaughnessy (1990), Steiner (1994), Feldman (1993) und Britton (2004; Segal und Britton 1981) in Großbritannien und durch Grotstein (1994), Mitrani (1997, 2001) und andere in den USA. In diesen Jahrzehnten haben Ferenczis frühe Schriften zur Gegenübertragung ihren Einfluss auf direkte oder indirekte Weise geltend gemacht. Einer der maßgeblichen Autoren, die Ferenczis einschlägige Überlegungen ausarbeiteten, Michael Balint, entwickelte das Konzept der „Grundstörung“ (Balint 1979) und beteiligte sich mit wichtigen Beiträgen an der Diskussion über Projektion und Introjektion. Michael und Alice Balint waren es auch, die Ferenczis radikale Ideen nach London importierten, wo sie sowohl die Kleinianer als auch die sogenannte Unabhängige Gruppe beeinflussten. Durch Racker (1957) fanden Ferenczis und Balints Theorien nach Lateinamerika. Er integrierte Ferenczis (1927, 1932) Konzept der Identifizierung mit dem Angreifer in sein eigenes Konzept der komplementären Identifizierung (mit den inneren aggressiven Objekten des Patienten) und führte Balints Sichtweise der Gegenübertragung in die hierarchisch aufgebauten Ausbildungsinstitute ein. Einige dieser frühen Überlegungen Ferenczis und Balints gelangten über Clara Thompson (M.R. Green 1964) in die USA und zu der interpersonalen Schule Sullivans, die den ko-konstruierten Charakter des analytischen Austauschs noch stärker akzentuierte (wobei allerdings die Regression, die für Ferenczi, Klein und Racker so wichtig gewesen war, der Aufmerksamkeit entglitt). In diesem Kontext sowie im Kontext aller nachfolgenden Entwicklungen muss betont werden, dass die Anerkennung der Ko-Konstruktion oder Ko-Elaboration in Übertragung und Gegenübertragung die Verantwortlichkeit oder Pflichten des Analytikers in keiner Weise mindert. Seine Gegenübertragung ist auf bewusster wie auf unbewusster Ebene aktiv, und die Pflicht, sie zu verstehen , endet nicht mit dem Ende der Behandlungsstunde , in der ein Gegenübertragungsaspekt aufgetaucht ist. Im Unterschied zur Gegenübertragung hat der Mechanismus der projektiven Identifizierung in der Psychoanalyse keine universale Anerkennung gefunden. Ich-Psychologen und Konflikttheoretiker erkennen zwar an, dass Patienten bestimmte Erfahrungen und/oder Verhaltensreaktionen im Analytiker induzieren
84
Made with FlippingBook - Online magazine maker