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furchterregende, sadistische aggressive Gefühle gegenüber dem Objekt zu symbolisieren, als einen wichtigen Schritt in der Ich-Entwicklung und beschrieb zwei Prozesse der Anwendung von Symbolen: Spaltung und projektive Identifizierung. Das Augenmerk lateinamerikanischer Analytiker richtet sich insbesondere auf den Verschiebungsprozess, der in Kleins Theorie zur Grundlage der Symbolisierung wird: Dicks gravierende Projektionen füllten die Analytikerin (Klein) mit den gefährlichen Teilobjekten (giftigem Urin, Fäzes, bösem Penis) des Jungen, während sich dessen eigene Psyche zu entleeren schien. Der Sadismus, so erklärte Klein, wird in jeder der verschiedenen Quellen libidinöser Lust aktiviert. Im Zusammenhang mit der oral-sadistischen Phase beschrieb sie Phantasien über Angriffe auf den Körper der Mutter, der nicht nur Babys, sondern auch den Penis des Vaters enthält. Ihrer Ansicht nach wollte Dick ein Objekt, das den Penis repräsentierte, sadistisch zerstören. Zum Verfolger geworden, veranlasste dieses Objekt das Kind, dieses Objekt auf andere Objekte zu verschieben. Laut Kleins Theorie wird diese Verschiebung von einem Objekt auf ein anderes zum Ursprung der Symbolisierung. In „Die Bedeutung der Symbolbildung für die Ich-Entwicklung“ beruft sich Klein (1995 [1930]) auf ihre frühere Schlussfolgerung, „daß die Symbolik die Grundlage aller Sublimierungen und Begabungen sei, indem Dinge, Tätigkeiten, Interessen auf dem Wege der symbolischen Gleichsetzung Gegenstand libidinöser Phantasien werden“ (S. 352f.). Durch die „symbolische Gleichsetzung“ werden Geschlechtsorgane zu Repräsentanten der Objekte, und weil das Kind diese Organe (Penis, Vagina, Brust) zerstören will, entwickelt es „Angst vor den Objekten […]. Diese Angst trägt zur Gleichsetzung dieser Organe mit anderen Dingen bei und treibt dann von den durch diese Gleichsetzung zu Angstobjekten verwandelten Dingen weg zu immer neuen und anderen Gleichsetzungen, die die Basis für ein mit diesen Gegenständen verknüpftes Interesse und für die Symbolik bilden“ (S. 353). Weiter heißt es bei Klein: „Ein genügendes Ausmaß an Angst [in der spanischen Übersetzung „anguista“] ist die Grundlage für eine reiche Symbolbildung und Phantasietätigkeit; eine genügende Fähigkeit des Ichs, Angst zu ertragen, ist die Vorbedingung für eine gelungene Verarbeitung dieser Angst, den günstigen Verlauf dieser grundlegenden Phase und das Gelingen der Ich-Entwicklung“ (ebd., S. 353f.) sowie für den Kontakt zur Realität. Ein Übermaß an Angst – z.B. infolge des oralen Sadismus – hat jedoch den gegenteiligen Effekt: Die Ich-Entwicklung gerät ins Stocken, das Ich zieht sich vor der Realität zurück und die Symbolbildung kommt zum Stillstand. Ein solches Übermaß an Angst blockiert dann die Interaktion mit der Realität. Infolgedessen deutet die Analytikerin in der analytischen Spieltherapie diese archaischen Phantasien, benennt sie und fasst sie mit dem Ziel in Worte, diese Ängste und das mit ihnen einhergehende Leid zu lindern. Klein ging von dem Grundprinzip aus, dass das gesamte Spiel der Kinder und ihre Aktivitäten in ihren Analysestunden in erster Linie Angriffe auf den Leib der
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