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Der zitierte Beitrag Segals, „Bemerkungen zur Symbolbildung“, entstand ausgehend von Kleins Konzept der projektiven Identifizierung (siehe den Eintrag PROJEKTIVE IDENTIFIZIERUNG). Segal unterscheidet hier zwischen einem Symbol im eigentlichen Sinn und der von ihr so genannten symbolischen Gleichsetzung , d.h. sie differenzierte zwischen zwei Formen der Symbolbildung. Die eigentliche Symbolik wurde von Segal als eine symbolische Repräsentation verstanden, wobei das Symbol für das Objekt steht, aber nicht gänzlich mit ihm gleichgesetzt wird. Im Falle der symbolischen Gleichsetzung hingegen wird es mit dem symbolisierten Objekt gleichgesetzt, so dass die Unterscheidung zwischen beiden verloren geht. Als Beispiel dienen ihr zwei Patienten. Ein psychotischer Patient, der nicht länger Geige spielen mochte, wurde gefragt, weshalb er nicht mehr spielen wolle. Wütend gab er zur Antwort: „Warum? Soll ich vielleicht öffentlich masturbieren?“ Ein Analysepatient, der geträumt hatte, Geige zu spielen, verriet durch seine Assoziationen ebenfalls eine unbewusste Verbindung zwischen dem Spiel und der Masturbation, die seine sublimierende Aktivität des Musizierens aber nicht beeinträchtigte. Im ersten Beispiel, dem Fall einer symbolischen Gleichsetzung, die psychotischen, konkretistischen Denkweisen zugrunde liegt, werden das Symbol und das Objekt vollständig ineins gesetzt. Im zweiten Fall, dem Beispiel eines Symbols im strengen Sinn, repräsentiert das Symbol das Objekt, ist aber nicht vollständig mit ihm gleichgesetzt. Mit anderen Worten: Für den ersten Patienten – einen jungen Mann mit Schizophrenie – war das Geigen in der Öffentlichkeit identisch mit dem Masturbieren in der Öffentlichkeit. Der zweite Patient träumte , dass das Geigenspiel mit Masturbationsaktivitäten assoziiert sei. Segal hob hervor, dass der Hauptunterschied zwischen beiden Patienten nicht darin bestand, dass die symbolische Bedeutung der Geige dem ersten bewusst war, während es sich bei dem zweiten um eine unbewusste Phantasie handelte. Vielmehr bestand der entscheidende Unterschied darin, dass die Geige im ersten Fall das Genitale war , während sie es im zweiten Fall repräsentierte . Solche konkretistischen Formen der Symbolisierung tauchen nicht nur im psychotischen Denken auf, sondern liegen auch zahlreichen Hemmungen der Kreativität zugrunde. Ihre Ursache ist eine pathologische Trauer. Wenn der Mensch, den man verloren hat, als ein konkretes inneres Objekt erlebt wird, kann keine normale Trauerarbeit stattfinden. Erst wenn das innere Objekt symbolisch introjiziert werden kann, wird eine innere Wiedergutmachung möglich, die das Durcharbeiten der Trauer zulässt. Die zwei Symbolisierungsmodi hängen in der kleinianischen Theorie auch mit zwei Weisen des psychischen Geschehens zusammen, nämlich mit der paranoid- schizoiden und der depressiven Position. Konkretistische Symbolik (symbolische Gleichsetzung), die im strengen Sinn keine Symbolik ist, liegt vor, wenn der Mechanismus der projektiven Identifizierung überwiegt, denn die Symbolik im eigentlichen Sinn setzt eine triadische Beziehung voraus: das Symbol, das symbolisierte Objekt und die Person, die das Symbol als Symbol des Objekts zu erkennen vermag. Dies ist nur möglich, wenn die Getrenntheit des Objekts anerkannt
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