Enzyklopädisches Psychoanalytisches Wörterbuch der IPV

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wird. Wenn ein Teil des Ichs vollständig oder beinahe vollständig mit dem Objekt identifiziert ist, geht die Abgrenzung verloren. Der betroffene Teil des Ichs wird mit dem Objekt verwechselt und das Symbol mit dem, was symbolisiert werden soll. Erst mit dem Beginn der depressiven Position werden Trennung, Getrenntheit und Verlust anerkannt; nun sind die Voraussetzungen für eine Symbolisierung im eigentlichen Sinn gegeben. Symbole werden demnach benutzt, um den Verlust eines Objekts zu überwinden, während symbolische Gleichsetzungen einen solchen Verlust eher verleugnen. Das Symbol im eigentlichen Sinn ist also ein Niederschlag eines betrauerten Objekts und steht für dieses Objekt; als Schöpfung des Subjekts kann es frei und kreativ verwendet werden. Die Fähigkeit, zu trauern und Verlust anzuerkennen, ist somit eine weitere Voraussetzung, die erfüllt sein muss, wenn wir von einem Symbol im eigentlichen Sinn sprechen. Segal zufolge setzt die Symbolbildung schon sehr früh in der Entwicklung, wahrscheinlich mit dem Auftauchen der Objektbeziehungen, ein. Das frühe Ich kennt keine Unterscheidung zwischen ersten Symbolen und frühen Objekten. Dies ist, so Segal, die entwicklungsgemäße, normative symbolische Gleichsetzung; sie entwickelt ihren Charakter und ihre Funktionen einhergehend mit den Veränderungen in der Organisation des Ichs und seiner Objektbeziehungen. Sowohl der Inhalt des Symbols als auch die Art und Weise, wie Symbole gebildet und verwendet werden, spiegeln also den Zustand der Ich-Entwicklung und die Art und Weise wider, wie das Ich mit seinen Objekten verfährt. Wenn die Symbolik als eine Beziehung dreier Elemente – Ich, Symbol und Symbolisiertes – verstanden wird, müssen Schwierigkeiten der Symbolbildung im Kontext der Beziehungen des Ichs zu seinen Objekten untersucht werden. Die theoretische Präzision und Differenzierung zwischen Kleins symbolischer Gleichsetzung und Symbolisierung war ein bedeutsamer Beitrag Hanna Segals: „An dieser Stelle möchte ich zusammenfassen, was ich mit den Begriffen ‚symbolische Gleichsetzung‘ bzw. ‚Symbol‘ und den Bedingungen, unter denen Symbole bzw. symbolische Gleichsetzungen entstehen, meine. Bei der symbolischen Gleichsetzung wird das Symbol-Substitut empfunden, als sei es das ursprüngliche Objekt. Die eigenen Eigenschaften des Substituts werden weder anerkannt noch zugegeben. Die symbolische Gleichsetzung wird benutzt, um die Abwesenheit des idealen Objekts zu verleugnen oder ein verfolgendes Objekt zu kontrollieren. Sie gehört den frühesten Entwicklungsstufen an.“ (Segal (1990 [1957], S. 213) Segal zufolge ist die symbolische Gleichsetzung charakteristisch für die paranoid-schizoide Position, während das Symbol der depressiven Position entspricht. Nur das Symbol, das gebildet wurde, um eine Verlusterfahrung zu bewältigen, steht der Bildung des Ichs zur Verfügung. „Das eigentliche, der Sublimierung und Förderung der Ichentwicklung verfügbare Symbol wird empfunden, als repräsentiere es das Objekt; seine

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