Enzyklopädisches Psychoanalytisches Wörterbuch der IPV

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eigenen Eigenschaften werden anerkannt, respektiert und genutzt. Es entsteht, sobald depressive Gefühle die paranoid-schizoiden überwiegen, sobald die Trennung vom Objekt, sobald Ambivalenz, Schuld und Verlust erlebt und ertragen werden können. Das Symbol wird benutzt, nicht um den Verlust zu verleugnen, sondern um ihn zu überwinden. Sobald der Mechanismen der projektiven Identifizierung als Abwehr der depressiven Ängste einsetzt, können bereits gebildete und als solche fungierende Symbole auf die Ebene der symbolischen Gleichsetzung zurückfallen.“ (Ebd., S. 213) Antonio Pérez-Sánchez hat die anschließende Weiterentwicklung von Segals Konzepten zur Symbolisierung in einer Übersicht dargestellt (Pérez-Sánchez 2018). Segal (1990 [1957]) hielt an ihrer Auffassung fest, dass die projektive Identifizierung der Symbolbildung zugrunde liegt, fügte aber später unter Berufung auf Bions (2013 [1957]) Unterscheidung zwischen psychotischer und gutartiger projektiver Identifizierung den Hinweis auf die Bedeutung der Art der Beziehung zwischen dem Projektionsinhalt und dem Objekt, auf das projiziert wird, hinzu. Pérez-Sánchez knüpft hier an, indem er auf Bions Container-Contained-Modell rekurriert bzw., präziser, auf die Frage, ob das, was projiziert wurde, angemessen contained und zurückgegeben wird. Diese Erweiterung von Segals (und Pérez-Sánchez) theoretischen Überlegungen schafft die Möglichkeit, dem Patienten zu helfen: Wenn der Analytiker als ein Objekt wahrgenommen wird, das sich von den projizierten inneren Objekten unterscheidet, so dass er das, was projiziert wurde, containen kann, entsteht eine Beziehung wechselseitiger kommunikativer Interaktion, und man kann die Fähigkeit zur Symbolbildung – die es von der symbolischen Gleichsetzung zu unterscheiden gilt – wiederherstellen (Pérez-Sánchez 2018, S. 128-134). Bezüglich ihrer früheren Unterscheidung zwischen primitiver Symbolik und weiterentwickelter Symbolik erklärte Segal (1991) einige Jahre später: „Ich habe zwei Typen der Symbolbildung auf sehr extreme Weise dargestellt. Der Übergang zwischen dem ersten und dem zweiten Modus ist langwierig, und ich glaube nicht, dass ich jemals einen Patienten gesehen habe, dessen Funktionieren voll und ganz auf einer konkretistischen Ebene stattfand oder dessen konkretistische Symbole vollständig und nicht nur vorwiegend konkretistisch waren“ (S. 43). Segal erklärt auch, dass ihrer Meinung nach nicht einmal die Symbolik der depressiven Position frei von konkretistischen Elementen sei. Dem ist hinzuzufügen, dass sich in der paranoid-schizoiden Position auch depressive Elemente (ein gewisser Grad an Integration und Toleranz für die Getrenntheit des Objekts) und infolgedessen Reste der Symbolbildung finden, wenn man die Existenz eines – wiewohl mit unsicheren Funktionen ausgestatteten – Ichs von Beginn des Lebens an anerkennt. Andererseits weist Segal in einer Anmerkung darauf hin, dass die Tatsache, dass psychotische Patienten abstrakt zu denken vermögen und deshalb über eine Fähigkeit zur Symbolbildung verfügen müssen, an sich noch kein Anzeichen psychischer

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