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ist eine Zeroprozess-Abwehr, die sich auf die fehlende Integration von Zeroprozess- Elementen stützt. Die Verbindung der Aktualisierung von Zeroprozess-Erinnerungen durch den Zeroprozess-Trieb mit Abwehrmechanismen, die sich gegen diese Aktualisierung richten – insbesondere die Zeroprozess-Abwehr der zeitlichen Verschiebung –, bewirkt, dass das traumatisierte Individuum an einem Punkt umittelbar vor dem überwältigenden Trauma lebt und die Zerschlagung der Ich-Funktionen in die Zukunft verschoben wird. IV. Fc. Nancy Kulish: zeitgenössische freudianische Sicht auf Trieb und Objekt Kulish (2000, 2011a, b) erforscht die Libido- und Triebkonzepte in erster Linie durch die Linse der infantilen Sexualität (siehe den Eintrag INFANTILE SEXUALITÄT.) Sie hält an der Definition der Sexualtriebe als psychische Repräsentationen angeborener, körperlicher sexueller Triebe (instincts), für die das Ich als Mittler fungiert, fest. Ihre Modifizierung der Freud’schen Triebtheorie integriert verschiedene spätere Beiträge, insbesondere die Arbeiten von Compton (1981a, 1981b, 1981c, 1983, 1985), Greenberg (1991), Kernberg (2001a) und Scarfone (2015), aber auch von Solms (2012), Ogden (1984), Laplanche (1997) und anderen. Kulish (2019) betont, „dass Freuds Theorie des Sexualtriebs, obgleich sie auf der Annahme endogener, kontinuierlicher Erregungen und eines Drängens auf Befriedigung beruhe, durch die Plastizität von Quelle (Körperzonen), Ziel und Objekt charakterisiert sei. Die zahllosen Permutationen und späteren Entwicklung der infantilen Sexualität – die Komplexität des Sexualobjekts, seine Austauschbarkeit oder Beständigkeit inbegriffen – werden so erklärbar. Freud nahm klugerweise an, dass sexuelle, libidinöse Energie sich zunächst an die angeborenen lebenserhaltenden Triebe ‚anlehne‘, die den Säugling auf die Mutter hin orientieren – das Trinken an der Brust wurde so zu einer Quelle libidinöser Lust, die den Mund als erogene Zone erfüllt“ (S. 1219). Der metaphorische Charakter der „Anlehnung“ veranlasst Kulish, auf Mark Solms’ (2012) Charakterisierung der erogenen Zonen als Objekte statt als Quellen zu verweisen. „Trieb und inneres Objekt werden zwar um der Klassifizierung und Darstellung willen voneinander getrennt beschrieben, sind aber in Wirklichkeit ineinander verflochten. Nach 1915 beschäftigte Freud sich mehr und mehr mit der Bedeutsamkeit der Objekte des Sexualtriebs und der mit ihm zusammenhängenden Phantasien. Als Prototyp der sexuellen Phantasie betrachtete er das Halluzinieren des Säuglings, der sich selbst beruhigt, indem er das bedürfnisbefriedigende, verlorene Objekt herbei halluziniert. Das Objekt oder sein Verlust war Teil der Entstehung der sexuellen Phantasie“ (Kulish 2019, S. 1220). Kulish versteht diese Verflechtung von Objekt und Trieb als ein Sine qua non der Entwicklung der infantilen Sexualität. In diesem Zusammenhang erkennt Kulish auch den Einfluss des kleinianischen Denkens an: „Unbewusste aggressive und sexuelle Phantasien sind psychische Repräsentationen der Triebe und von Grund auf relational.“ (Kulish 2019, S. 1220).
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