Enzyklopädisches Psychoanalytisches Wörterbuch der IPV

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II. Dg. Transformationen, emotionale Turbulenz und katastrophische Veränderung Bion hat die von ihm so genannte emotionale Turbulenz und katastrophische Veränderung wiederholt erläutert. Als katastrophische Veränderung bezeichnet er das Ergebnis von Transformationen solch hoher Intensität, dass ihr Einfluss auf die gegebene Situation und die Persönlichkeit deutlich erkenntbar wird. „Katastrophisch“ kennzeichnet die Größenordnung der Situation und nicht zwangsläufig eine desaströse oder abgründige moralische Qualität. Eine Veränderung dieser Art kann zu einer „Zerrüttung des Systems“ (1997 [1965], S. 29; im Original: „subversion of the system“) führen, die entweder ein Desaster oder eine dringend erforderliche Weiterentwicklung infolge der Zerstörung des Status quo nach sich zieht (Bion [1966, S. 21-43] hat das Konzept auch auf die Gesellschaft angewendet). Bei katastrophischer Veränderung steigert sich die Emotion bis zur Ebene von „Gewalt“, doch auch diese Gewalt kann im Dienst sowohl der Abwehr als auch der Weiterentwicklung stehen. Manchmal sind Transformationen auf der Ebene katastrophischer Veränderung und gewalterfüllter Emotion erforderlich, um die Macht der in Spalte 2 des Rasters notierten Widerstände gegen das Denken und gegen die Wahrheit zu brechen und evolutionäres Wachstum und Entwicklung zu ermöglichen. II. Dh. Transformationen in K und O In Lernen durch Erfahrung führte Bion (1990 [1962]) zur Bezeichnung emotionaler Verbindungen die Zeichen L, H und K – Lieben, Hassen, Wissen (knowledge) – ein, deren Untersuchung er in Elemente der Psychoanalyse (Bion 1992 [1963]) fortsetzte. Das Konzept der Transformationen in K oder T(K) verbindet das Denken mit den emotionalen invarianten Eigenschaften, die die Psyche zur Wahrheit hin- oder von ihr fortlenken (siehe Fisher 2006). Über die emotionale Turbulenz, die mit unlustvoller/schmerzvoller [painful] und furchterregender Arbeit einhergeht, schrieb Bion (1997 [1965]): „Transformationen in K werden gefürchtet, wenn sie drohen, Transformationen in O auftauchen zu lassen. Das kann als Furcht umformuliert werden, wenn Tα → Tβ = K → O. Widerstand gegen eine Deutung ist Widerstand gegen die Veränderung von K zu O“ (S. 197; Übers. geändert). Bion notierte den Einfluss von Spalte 2 des Rasters, d.h. den Einfluss von Emotionen, die gegen Wahrheit und gegen Weiterentwicklung aktiv sind, auf die Verbindungsfunktion mit den Zeichen -L, -H und -K (minus L, minus H, minus K) (siehe z.B. Bion 1990 [1962], Kap. 28). Transformationen in -K sind aktive Abwehrprozesse durch Nichtwissen, häufig ausgelöst durch Neid, Gier, Furcht und andere Emotionen. Transformationen in -K attackieren und verzerren Denkprozesse mit dem Ziel des Missverstehens der Wahrheit, ihrer Vermeidung oder Zerstörung. Transformationen in L und H und die ihnen entsprechende Abwehrfunktionen aus Spalte 2 des Rasters können im Rahmen der Theorie der Transformationen auf ähnliche Weise untersucht werden.

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