Enzyklopädisches Psychoanalytisches Wörterbuch der IPV

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II. Fbc. Transformationen in Halluzinose/Unendlichkeit Zu Transformationen in Unendlichkeit kommt es, wenn eine Projektion innerhalb eines Raumes mit unendlichen Dimensionen stattfindet. Diese Art geometrischer Transformation kann eine Metapher für das, was in Sitzungen mit psychotischen Patienten passiert, sein, daher die Bezeichnung „Transformation in Halluzinose“. Bion illustriert sie am Beispiel eines Patienten, der über Eiscreme, „ice cream“, spricht, ein Wort, das viele Sitzungen später ohne jedwede Verbindung wiederkehrt und nun als „I scream“, „ich schreie“, gehört wird (Bion 2006 [1970], S. 21f.). Die verwendeten Wörter „ice cream – I scream“ sind wie Punkte, die im Raum weit voneinander getrennt sind. Bei einer Transformation dieser Art ist es sehr schwierig, die Invarianten und ihre Verbindungen, die das ursprüngliche Objekt widerspiegeln, zu erkennen. Verbindungsglieder werden angegriffen und verschwinden, Punkte verstreuen sich im Unendlichen. Im Unendlichen gibt es keine Gedanken mehr, an denen man sich festhalten könnte; es wird als ein gewaltiger, furchterregender Raum ohne Gedanken, die wie Linien als Rahmen dienen könnten, erlebt. Psychotikern bleibt nichts als das Schaudern, von dem Pascal spricht: „Das ewige Schweigen dieser unendlichen Räume macht mich schaudern“ (siehe Bion 1997 [1965], S. 211). Das Ergebnis ist eine „Intoleranz und Furcht vor dem ‚Unerkennbaren‘ […] und daher auch vor dem Unbewußten im Sinne des Unentdeckten und Unentwickelten“ (ebd.). Statt dass Gedanken einen dreidimensionalen containenden Raum entstehen lassen, kommt es durch das obstruktive Objekt in der Psychose (dem Gegenteil eines containenden Objekts, häufig in Form eines primitiven destruktiven Über-Ichs), das Bion als gierige, destruktive, alles absorbierende Entität versteht, zu einer fortgesetzten Zerstörung von Gedanken. II Fbd. Transformation des psychoanalytischen Objekts – Transformation in „O“ im Vergleich zur Transformation in ‘K’ Bion vergleicht die Transformationen des psychoanalytischen Objekts mit der Spiegelung eines Baumes im Wasser. Wenn das unkennbare psychoanalytische Objekt der Baum ist, dann ermöglicht eine Transformation durch starre Bewegung – die konstante Verbindung von Elementen – es, den Baum an seinem Spiegelbild im Wasser zu erkennen; bei projektiver Identifizierung wird das Wasser vom Wind bewegt, und man kann den Baum nicht klar erkennen, bei Transformation in Halluzinose wiederum könnte man sagen, dass die Reflexion der Reflextion auf den Splittern eines zerbrochenen Spiegels gleicht, so dass es schwierig ist, den Baum überhaupt als solchen zu erkennen (er ist nur intuitiv zu erfassen). Der Versuch, das ursprüngliche psychoanalytische Objekt hinter den Repräsentationen oder in der Baummetapher, jenseits der Baumspiegelungen, zu erreichen, macht Bion klar, dass er nicht weiter gehen kann als drei bis vier Transformationsebenen; danach befindet man sich im Unkennbaren, im Unrepräsentierten. Das ursprüngliche unrepräsentierte Objekt (der metaphorische

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