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Baum) ist unkennbar. Bion nennt ihn O, wahrscheinlich abgeleitet von Origin – dem unkennbaren Ursprung, von dem die Transformationen ihren Ausgang nehmen. Man kann dieses unrepräsentierte O weder sehen noch riechen oder hören, denn es ist dem Bereich der sinnlichen Wahrnehmung entzogen. Es ist a-sensorisch. Die konstanten Verbindungen können auf dieser Ebene nur durch Intuition (über die z.B. ein Seher verfügt) erfasst werden. Bion (2006 [1970]) hat O in Aufmerksamkeit und Deutung wie folgt definiert: “Ich verwende das Zeichen O, um zu denotieren, was die letzte Realität ist, die durch Begriffe wie letzte Realität, absolute Wahrheit, die Gottheit, das Unendliche, das Ding-an-sich repräsentiert wird. O fällt höchstens zufällg in den Bereich des Wissens oder des Lernens; es kann ‚werden‘ sein, aber es kann nicht ‚bekannt‘ sein. Es ist Dunkelheit und Formlosigkeit, geht aber in den Bereich K ein, wenn es sich so weit entwickelt hat, daß es durch Wissen, das aus Erfahrung gewonnen wurde, er-kannt werden und in einer Terminologie formuliert werden kann, die sich aus sinnlicher Erfahrung herleitet; seine Existenz wird phänomenologisch erschlossen.“ (S. 35) Dem „späten Bion“ (der am Ende seines Buches Transformations beginnt) zufolge sollte der Analytiker, wenn er psychoanalysiert, in dieser Dimension sein. In dieser undifferenzierten, nicht repräsentierten, nicht (er-)kennbaren Dimension ist Wahrnehmen gleichbedeutend mit Werden und in diesem Moment auch eine Transformation in O. In einer Transformation in O (Bion konzipierte die Transformation in O zu einem späteren Zeitpunkt als seine Baummetapher, an die sie aber anschloss) besteht ein intuitiver Kontakt mit dem Baum an sich und nicht nur mit den Spiegelbildern oder Repräsentationen. Der Baum wird in diesem Moment gesehen, so wie ein Mystiker ihn sieht, d.h. nicht durch sinnliche Wahrnehmung, sondern in einem leeren Raum, in dem der Baum auftauchen kann, in dem man der Baum wird. Eine solche Transformation in O unterscheidet sich erheblich von den Transformationen in K, die Bion zuvor beschrieben hatte. Eine Transformation in K ist eine Möglichkeit, eine Erfahrung, ein psychoanalytisches Objekt, zu repräsentieren oder zu mentalisieren. Auf dieser Ebene wurde eine Transformation in Halluzinose als pathologisch betrachtet. Bions späterer Auffassung zufolge ist eine Transformation in O eine neue Erfahrung und nicht eine Repräsentation einer Erfahrung, die gemacht worden ist. Weil sich diese Erfahrung (verbalen) Repräsentationen entzieht, ist sie im Bereich des Unendlichen. In einer erfolgreichen Analyse können sich zwei oder drei solcher Transformationen ereignen; sie machen die Analyse endlich (Bion 2006 [1970]). Um eine Transformation in O unterstützen zu können, muss der Analytiker, um mit Bion zu sprechen, dem Unendlichen möglichst nahe sein. Von dort aus kann er die spontane Bewegung von O zu K intuitiv erfassen. Er sollte abwarten, bis eine Transformation in O stattfindet und spontan eine Form in K annimmt. Die Bewegung erfolgt immer von O zu K, und nur wenn dies geschieht, kann T(O) eine Form
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