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annehmen. Der Analytiker kann eine solche Erfahrung, eine solche Transformation in O, nicht willentlich herbeiführen. Bion entwickelte eine Technik, um dafür empfänglich und sensibel zu sein und O erleben, O werden, zu können, d.h. letztlich, einen Zustand des Glaubens ohne Erinnerung, ohne Wunsch, ohne Verstehen, ohne Kohärenz zu erreichen. Unter allen Umständen darf sich der Analytiker auf dieser Ebene nicht durch Räsonnement und durch die sensorisch wahrnehmbare Erscheinung des Patienten blenden lassen.
III. POST-BIONIANISCHE UND MODERNE WEITERENTWICKLUNGEN
III. A. LATEINAMERIKANISCHE ENTWICKLUNGEN UND BEITRÄGE Elias Rocha Barros (2015, 2017) schreibt, die lateinamerikanische klinische Praxis sei einerseits um einen Kern grundlegender freudianischer Konzepte herum fest strukturiert, werde aber in ihren breiteren und allgemeineren Aspekten mehr und mehr durch kleinianische und bionianische Theorien beeinflusst. Während das Konzept der Transformationen laut Rocha Barros (2015) im Bion’schen Verständnis hochspezifisch war, hat es in Lateinamerika eine breitere Bedeutung angenommen und sich zu einer allgemeinen Theorie psychischer Veränderung gewandelt. Seiner Ansicht nach wurde das Konzept der Transformationen an sich in Lateinamerika transformiert. Von manchen Autoren wird es definiert als „die Serie der Veränderungen einer Gruppe von Elementen, die in einem früheren Stadium anders sind als in einem späteren, so dass die Wiedererkennung der Identität dieser Elemente, die sich verändert haben, von den vorhandenen Invarianten abhängt“ (López-Corvo 2003, S. 290). Rocha Barros (2018) betont jedoch, dass er selbst das Konzept der Transformationen auf die innere Entwicklung von präsymbolischen zu symbolischen Prozessen bezieht, d.h. „in Bions Sinn und möglicherweise dahingehend erweiternd, dass es eine Veränderung in der Struktur der Psyche und nicht in ihrem Inhalt kennzeichnet […] eine Transmutation der Struktur (und der Strukturierungsfähigkeiten) der Psyche, die zu einer Erweiterung der Fähigkeit führt, eigenes Erleben/Erfahrung zu denken“ (S. 226). Brasilien ist vielleicht in einer einzigartigen Lage, da es Heimstatt sowohl international geschätzter wissenschaftlicher Forschung über The Language of Bion durch P.C. Sandler (2005) als auch einer wesentlichen, kreativen, lebendigen Weiterentwicklung des Konzepts ist. Im Anschluss an Bions brasilianische Vorträge wurde sein Buch in Brasilien intensiv studiert. Es wird hochgeschätzt und hat zahlreiche bedeutsame Beiträge angeregt. Die Brazilian Society of Psychoanalysis of São Paulo (SBPSP) hat mehrere Tagungen über Transformationen organisiert. Evelise (de Souza) Marra, Cecil Jose Reza und Marta Petricciani (2018, 2020) haben im Anschluss daran Tagungsbände mit zahlreichen Originalbeiträgen herausgegeben.
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