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1914 hat er die Anwendung der freien Assoziation als Grundregel (und unverzichtbares methodisches Instrument während des gesamten psychoanalytischen Prozesses) erläutert, und zwar in Bezug auf die Identifizierung von Widerständen gegen das Erinnern, die einen erfolgreicheren Weg zur Deutung von Wiederholungen in der Übertragung bahnt und diese Wiederholungen in das „psychische Feld“ einbringt, sowie in der Phase des Durcharbeitens (Aufgabe der „Neurose“, der Symptomatik, selbstdestruktiver Einstellungen und des Agierens“. Wichtig ist auch folgende Aussage: “[…] daß das Benennen des Widerstandes nicht das unmittelbare Aufhören desselben zur Folge haben kann. Man muß dem Kranken die Zeit lassen, sich in den ihm unbekannten Widerstand zu vertiefen, ihn durchzuarbeiten, ihn zu überwinden, indem er ihm zum Trotze die Arbeit nach der analytischen Grundregel fortsetzt” (Freud 1914g, S. 135). Freuds frühe Erkenntnis, dass Widerstände gegen das freie Assoziieren unvermeidbar sind, wurde zur Grundlage seines späteren Verständnisses der Notwendigkeit des Durcharbeitens: „Dieses Durcharbeiten der Widerstände mag in der Praxis zu einer beschwerlichen Aufgabe für den Analysierten und zu einer Geduldprobe für den Arzt werden. Es ist aber jenes Stück der Arbeit, welches die größte verändernde Einwirkung auf den Patienten hat und das die analytische Behandlung von jeder Suggestionsbeeinflussung unterscheidet.” (1914g, S. 136) Sämtliche behandlungstechnischen Beiträge, die zwischen 1912 und 1915 entstanden, enthalten implizit die Verschiebung von der Verwendung der Grundregel mit dem Ziel, verdrängte Erinnerungen bewusst zu machen, zu ihrer Verwendung mit dem Ziel, die hinter dem stockenden Assoziationsfluss verborgenen Wünsche zu „hören“, die in der Übertragung ausgelebt werden. Explizit wird diese Verlagerung der Betonung in Freuds späteren Beitrag „Bemerkungen über die Übertragungsliebe“ (Freud 1915a [1914]), demzufolge das Grundprinzip der Behandlung eine gleichzeitige Aktivierung verdrängter infantiler libidinöser Wünsche und die Anerkennung ihrer Bedeutsamkeit verlangt. Beides wird durch die Befolgung der Grundregel und das Durcharbeiten ermöglicht. Der mit dem Durcharbeiten des Widerstands (gegen freie Assoziationen) erzielte klinische Erfolg besteht darin, Aspekte der infantilen Persönlichkeit zugänglich zu machen. Zwei Jahre später fasst Freud (1919-17a) im Zusammenhang mit der Traumanalyse in seinen Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse dieselbe „unverbrüchliche Regel“ erneut zusammen. Demnach weist er den Patienten an, “[…] er dürfe keinen Einfall von der Mitteilung ausschließen, auch wenn sich eine der vier Einwendungen gegen ihn erhebe, er sei zu unwichtig, zu unsinnig, gehöre nicht hierher, oder er sei zu peinlich für die Mitteilung” (S. 113). Im selben Text behauptet er auch, die psychoanalytische Technik sei dieselbe wie die, mit der er Träume deute:
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