Zurück zum Inhaltsverzeichnis
Psychoanalyse, vielleicht eines seiner definierenden Konzepte“ (S. 307). Er stimmt mit Gioia darin überein, dass die von Freud gesuchte biologische Bestätigung seines Todestriebkonzepts der sprichwörtlichen Komplexität seines Denkens zuwiderlaufe. Ebenso wie Gioia ist er der Ansicht, dass das Todestriebkonzept das metapsychologische Gebäude von 1915 zum Einsturz bringe. Er stimmt aber zu, dass das Konzept des Triebs sich auf ein basales übergeordnetes Prinzip der psychischen Dynamik beziehe, das die Begründung für die Existenz psychischen Konflikts sei. Was Freud als Todestrieb bezeichnete, ist laut Baranger der Ursprung von Hass, Selbstzerstörung, Aggressivität, des Bedürfnisses, Traumatisches, Misserfolg, Satanisches zu wiederholen. VI. Bc. Ángel Garma Anders als Gioia hält Ángel Garma (1977), einer der Gründer der Argentinischen Psychoanalytischen Vereinigung und ihr erster Präsident, Freuds Todestriebhypothese für “brilliant, im Großen und Ganzen zufriedenstellend fundiert und psychoanalytisch ausgesprochen hilfreich ” (S. 310). Nach seiner Überzeugung besagt Freuds Theorie, dass Lebens- und Todestrieb aus dem resultieren, was von der phylogenetischen Entwicklung der Umwelt internalisiert wurde, und zwar in der Weise, dass das, was besonders günstig war, in Richtung Fortdauer und Integration gedrängt, und das, was besonders ungünstig war, zur Desintegration gedrängt/getrieben wurde. Die vererbte Internalisierung äußerer aggressiver Umstände in der frühen Kindheit und in der Gegenwart treibt Individuen zur Selbstzerstörung und forciert die Entwicklung in Richtung Alter und Tod. Ebendies bezeichnet Garma als den im Über-Ich repräsentierten Todestrieb (S. 314). Garma (1962) erforschte psychosomatische Beeinträchtigungen (Kopfschmerzen) und identifizierte als wichtigste kurative Faktoren der psychoanalytischen Behandlung 1. eine Abnahme der Unterwerfung unter das Über- Ich, 2. eine Anerkennung der Triebe, insbesondere des Todestriebs, und 3. eine daraus resultierende Abschwächung der durch die Abwehrmechanismen des Ichs herbeigeführten Spaltung zwischen Psyche und Körper (S. 224). In seinem Beitrag “En los dominios del instinto de muerte” („Im Bereich des Todestriebs) schreibt Garma (1971 [1971]): „Wenn primäre, selbstzerstörerische Tendenzen existieren, dann wäre eine Theorie, die den Todestrieb leugnet, pessimistisch. Eine solche Verleugnung würde bedeuten, daß man eine Illusion aufrechterhält und selbstzerstörerische Elemente in lustvoller Verkleidung passiv akzeptiert.“ (S. 450) Der Masochismus geht laut Garma dem Sadismus voraus. Die angeborene Selbstdestruktivität bewusst zu machen ermöglicht einen besseren Umgang mit ihr, indem sie an ihre Tendenz zum Leben gebunden und auf Sublimierung hingelenkt wird.
889
Made with FlippingBook - Online magazine maker