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Dienste des Eros steht, als Unterstützung des lebenswichtigen Potenzials des Patienten, ihn vor den Wegen zu bewahren, auf die ihn der Todestrieb zu locken versucht.
VI. Bg. Samuel Arbiser In “Psicoanálisis y guerra” [Psychoanalysis und Krieg] stimmt Samuel Arbiser (2013) Freuds Behauptung zu, dass jedes menschliche Verhalten Eros und Thanatos in sich enthält und dass diese lebensnotwendigen Kräfte einander brauchen. Es wäre, so warnt Freud, naiv, Eros auf Kosten von Thanatos zu fördern oder zu versuchen, Thanatos zu verdrängen oder zu unterdrücken. Was die Konsequenzen für die psychische Struktur betrifft, so kann man die Beziehung zwischen Thanatos, Über-Ich und moralischem Gewissen nicht unberücksichtigt lassen, dem Resultat der aus dem Ödipuskomplex hervorgegangenen Identifizierungen. Wenn das Über-Ich den gefährlichen Triebüberschuss absorbiert, lässt sich die paradoxe Situation beobachten, dass ein strengeres moralisches Gewissen die Aggression in höherem Maß hemmt und eine für das Individuum schädliche innere Verstärkung des Todestriebs nach sich zieht. Laut Arbiser folgt Freud zu einem gewissen Grad der weitverbreiteten – und mit seiner Überzeugung von einem Gegensatz zwischen Trieb und Kultur übereinstimmenden – Vorstellung einer ungleich stärker ausgeprägten Sexualität und Gewalttätigkeit in weniger gebildeten oder kultivierten sozialen Gruppen. Während Freud (1921) selbst den Gegensatz als komplexe Beziehung begreift, in der die Triebe durch die Kultur geschwächt werden, hält Arbiser die Gegenüberstellung von Trieben und Kultur für eine elementare Vereinfachung, da das Konzept der Triebe an sich bereits eine von der menschlichen Umgebung eingeforderte radikale Transformation der instinkthaften biologischen Ausstattung impliziert.
VI. C. ÜBERDENKEN DES TODESTRIEBS IN DER VENEZOLANISCHEN PSYCHOANALYSE
VI Ca. Guillermo Teruel Guillermo Teruel (1984), ein venezolanischer, in London ausgebildeter Psychoanalytiker, ist der Ansicht, dass der Begriff „Todestrieb“ die angeborene menschliche Fähigkeit zur Destruktivität bezeichnet. Teruel versteht den Trieb als angeboren und ererbt, erkennt aber auch an, dass Aggression durch etwas Äußerliches mobilisiert werden kann. In Teruels Augen sind alle anderen Begriffe als Trieb [im Original deutsch], etwa „drive“ („pulsión“), „impulse“ („impulso“), „drive“ (im englischen Originaltext), „aggression“ („agresión“), „aggressiveness“ („agresividad“) etc. Euphemismen (abgemilderte Alternativen, Understatements). Er verweist auf den fundamentalen Charakter des Aggressionstriebs, nämlich die Tatsache, dass er stumm ist; aus ebendiesem Grund ergreifen Analytiker keine umsichtigen Maßnahmen, um sich vor seiner Gefährlichkeit zu schützen, die mit den Projektionen psychotischer
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