Enzyklopädisches Psychoanalytisches Wörterbuch der IPV

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Patienten und ihrer Familien zusammenhängt. Was Analytiker davor schützt, solche destruktiven/psychotischen Projektionen in der Gegenübertragung zu internalisieren und sich mit ihnen zu identifizieren, sind das Setting, die analytische Neutralität und die Reverie-Funktion. Die Begrenzung der Anzahl psychotischer Patienten ist ebenfalls eine Schutzmaßnahme. Der Todestrieb kann bewirken, dass der Analytiker desorganisiert wird und seine Kontrolle über das zeitliche Setting verliert. Regressionsbedingte Frustration verstärkt die instinkthaften thanatischen Kräfte – zu beobachten bei Familienangehörigen von Menschen, die an organischen Erkrankungen oder schweren Traumatisierungen leiden. Teruel schreibt, es sei eine Illusion zu glauben, dass Analytiker über gewaltige Reservoirs an Eros verfügen, die sie schützen und ihre eigenen thanatischen aggressiven Anteile ebenso wie die in sie per projektive Identifizierung hineinverlegten neutralisieren. Analytiker werden durch die Stärkung angemessener Liebesbeziehungen zu anderen Menschen und zu sich selbst geschützt, nicht jedoch durch Tendenzen zu manischer Grandiosität oder Omnipotenz.

VI. D. URUGUAY – URSPRÜNGE, TOD UND SEXUALITÄT

VI. Da. Enrique Gratadoux In seinem Artikel “Un origen probable de la noción de pulsión” [Ein wahrscheinlicher Ursprung des Triebkonzepts] führt Enrique Gratadoux (1987) das Triebkonzept auf das Durcharbeiten und die Erweiterung des Modells der „normalen Verarbeitung der physischen Spannung“ in Freuds „Manuskript E“, verfasst 1894, zurück (Freud 1985c [1887-1904]). Mit Blick auf die im Triebkonzept implizierte Bedeutsamkeit der somatischen Energie für das psychische Leben fragt Gratadoux, wann, warum und wie Freud das Thema zu untersuchen begann, und gibt folgende Antworten. Wann? Um 1894. Warum? Weil er ein halluzinatorisches pathologisches Phänomen erklären musste, nämlich die Angst. Wie? Ausgehend von der Annahme des ätiologischen Zusammenhangs zwischen Sexualität und Angst musste Freud ein Modell der Verarbeitung endogener Erregung entwickln. Gratadoux hofft, auf diese retrospektiv argumentierende Weise einen klinischen Ursprung der Spekulationen gefunden zu haben, die zu dem Modell führten, das dann wiederum zur Konzeptualisierung des Triebs führte. Wenn diese Überlegungen stichhaltig sind, würde der Trieb seinen mythologischen Charakter teilweise verlieren; zumindest aber würden Psychoanalytiker etwas über die Ursprünge des Mythos wissen. VI. Db. Carlos Sopena Carlos Sopena , Mitglied sowohl der Psychoanalytischen Vereinigung Uruguay als auch der Psychoanalytischen Vereinigung Madrid, beschreibt in “Pulsión de muerte y sexualidad” [Todestrieb und Sexualität] (2001) revolutionäre theoretische und klinische

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