Enzyklopädisches Psychoanalytisches Wörterbuch der IPV

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intermediäre Ziele für einen Trieb ergeben können, die miteinander kombiniert oder gegeneinander vertauscht werden. Die Erfahrung gestattet uns auch, von ‚zielgehemmten‘ Trieben zu sprechen bei Vorgängen, die ein Stück weit in der Richtung der Triebbefriedigung zugelassen werden, dann aber eine Hemmung oder Ablenkung erfahren“ (S. 215). Das Triebziel ist eine schwierige Angelegenheit. Es hängt direkt mit dem Lustprinzip zusammen (Verhalten gründet auf der Suche nach Lust), der vollständigen Ausschaltung der Erregung (sogenanntes Trägheitsprinzip ) oder der Verhinderung eines Erregungsanstiegs (sogenanntes Konstanzprinzip). Objekt : Durch das Objekt kann der Trieb sein Ziel erreichen. „Es ist das variabelste am Triebe, nicht ursprünglich mit ihm verknüpft, sondern ihm nur infolge seiner Eignung zur Ermöglichung der Befriedigung zugeordnet. Es ist nicht notwendig ein fremder Gegenstand, sondern ebensowohl ein Teil des eigenen Körpers. Es kann im Laufe der Lebensschicksale des Triebes beliebig oft gewechselt werden“ (S. 215). Eine allzu enge Bindung des Triebs an sein Objekt wird als „Fixierung“ bezeichnung. Eine Fixierung beeinträchtigt die Beweglichkeit des Triebs. Der“Objekt”begriff ist also mehrdeutig. Diese Ambiguität herauszuarbeiten blieb der postfreudianischen Theoriebildung überlassen. Bezeichnet der Begriff die innere Repräsentanz des äußeren Objekts oder dieses selbst? Wenn er die innere Repräsentanz bezeichnet, ist die Triebmontage rein intrasubjektiv. Wenn er das äußere Objekt bezeichnet, ist der Trieb ein “soziales Konstrukt” und bestätigt die Bedeutung der Beziehung. Die umfassendste, Freuds komplexen Überlegungen logisch folgende Erklärung trägt beidem Rechnung: Die innere Repräsentanz wird einem äußeren Objekt übergestülpt und umgekehrt. Kurzum, das Objekt ist inneres/äußeres Objekt. Triebschicksale/-umwandlungen : Freud (1915c) führt die Schicksale oder Umwandlungen des Triebs auf die Beeinflussung der Triebstrebngen durch die drei Gegensatzpaare zurück, die das psychische Leben beherrschen: Aktivität-Passivität (das biologische Gegensatzpaar), Ich/Selbst/Subjekt-äußere Welt/Objekt (das reale Gegensatzpaar) und Lust-Unlust (das ökonomische Gegensatzpaar). Als Wendung eines Triebs in sein Gegenteil (Umkehrung des Ziels) werden zwei unterschiedliche Prozesse bezeichnet: eine Veränderung von Aktivität in Passivität und eine Umkehrung des Inhalts. Der erste Prozess betrift die beiden Gegensatzpaare Sadismus-Masochismus sowie Schautrieb-Exhibitionismus. Das aktive Ziel (zu quälen, zu betrachten) wird durch das passive Ziel (gequält zu werden, betrachtet zu werden) ersetzt. Die Umkehrung des Inhalts findet sich ausschließlich bei der Umwandlung von Liebe in Hass. Die Wendung eines Triebs auf das Selbst des Subjekts ( Veränderung des Objekts) steht im Einklang mit der theoretischen Überlegung, dass der Masochismus nichts anderes ist als gegen das eigene Ich/Selbst des Subjekts gewendeter Sadismus, einhergehend mit der Umwandlung von Aktivität in Passivität. Während in beiden Fällen (Sadismus umgewandelt in Masochismus und Schautrieb umgewandelt in

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