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Exhibitionismus) zuerst das aktive und erst nach der Umwandlung das passive Ziel verfolgt wird, besteht ein Unterschied: im Falle des Schautriebs gibt es eine noch frühere autoerotische Phase, in der das Objekt Teil des eigenen Körpers des Subjekts ist. Im Falle des Sadismus-Masochismus gibt es eine solche Phase nicht. Hier gilt Freuds besondere Aufmerksamkeit der Tatsache, dass der Sadismus nicht nur mit dem Ziel einhergeht, Gewalt und Macht über das Objekt zu erlangen, sondern auch mit dem Ziel, ihm Schmerz zuzufügen – jedoch spielt „das Schmerzzufügen unter den ursprünglichen Zielhandlungen des Triebes keine Rolle“ (S. 221). Erst mit der Umwandlung des Sadismus in Masochismus erzeugt die sexuelle Erregung Lustempfinden. Die Umwandlung des Inhalts eines Triebs in sein Gegenteil ist bei der Verwandlung von Liebe in Hass zu beobachten. Da beide Gefühle sich oft auf dasselbe Objekt richten, sind sie ein hervorragendes Beispiel für Ambivalenz. Für die Entwicklung der Liebe beschreibt Freud drei Antithesen: Lieben-Hassen, Lieben- Geliebtwerden und Lieben und Hassen als Gegenteil von Indifferenz. Freud erklärt, dass die drei psychischen Gegensatzpaare (aktiv-passiv, Subjekt/Ich-äußere Welt/Objekte, Lust-Unlust) lebenslang in der Entwicklung der Liebe auf hochkomplexe Weise im Kontext des Dualismus von Sexualtrieben und Ich- Trieben miteinander zusammenhängen. Fassen wir einige seiner Hauptthesen zu dem Thema (S. 225-232) zusammen: Zu Beginn des psychischen Lebens fallen Liebe und Hass in eins. Das Ich selbst wird mit Trieben besetzt und kann sie zum Teil selbst befriedigen: “Wir heißen diesen Zustand den des Narzißmus, die Befriedigungsmöglichkeit die autoerotische” (S. 227). In dieser Phase fallen Ich/Subjekt und alles, was lustvoll ist, in eins, während die Außenwelt alles das ist, was indifferent (oder als Erregungsquelle möglicherweise unlustvoll) ist. Insofern das Ich autoerotisch ist, ist es auf die äußere Welt nicht angewiesen. Wenn in der Phase des primären Narzissmus das Objekt in Erscheinung tritt, tauch auch der zweite Gegensatz des Liebens, der Hass, auf. Gleichgültigkeit, die zunächst als Vorläufer von Hass oder Abneigung in Erscheinung trat, ergibt sich als deren Sonderfall. Zu Beginn sind äußere Welt, Objekte, und alles, was gehasst wird, identisch. Erweist sich das Objekt später als Lustquelle, wird es geliebt, aber auch dem Ich einverleibt, so dass Objekte für das purifizierte Lust- Ich nun abermals mit dem in eins fallen, was außen ist und gehasst wird. Ebenso wie das Gegensatzpaar Liebe-Indifferenz den Gegensatz Ich-Außenwelt widerspiegelt, reproduziert auch die zweite Antithese, Liebe-Hass, den Gegensatz Lust-Unlust, der mit dem ersten Gegensatz zusammenhängt. Wenn die rein narzisstische Phase der Objektphase weicht, kennzeichnen Lust und Unlust die Beziehungen des Ichs zum Objekt. “Vorstufen des Liebens ergeben sich als vorläufige Sexualziele, während die Sexualtriebe ihre komplizierte Entwicklung durchlaufen“ (Freud 1915c, S. 231). Die erste Stufe ist die orale Phase des Einverleibens oder Fressens. Was die
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