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Objektbeziehungen des Subjekts in dieser Phase betrifft, so ist Liebe gleichbedeutend mit der Aufhebung der Getrenntheit des Objekts. „Auf der höheren Stufe der prägenitalen sadistisch-analen Organisation tritt das Streben nach dem Objekt in der Form des Bemächtigungsdranges auf, dem die Schädigung oder Vernichtung des Objekts gleichgültig ist. Diese Form und Vorstufe der Liebe ist in ihrem Verhalten gegen das Objekt vom Haß kaum zu unterscheiden“ (S. 231). In der prägenitalen/präödipalen Phase ist die Liebe durch Ambivalenz charakterisiert. „Erst mit der Herstellung der Genitalorganisation ist die Liebe zum Gegensatz vom Haß geworden.” (S. 231) Der dritte Gegensatz der Liebe, die Umwandlung des Liebens in Geliebtwerden, entspricht dem Gegensatz Aktivität-Passivität, wie es auch bei Schautrieb und Sadismus der Fall ist. In einer weiteren Abhandlung, „Die Verdrängung“, unterscheidet Freud (1915d) zwischen der Urverdrängung, „die darin besteht, daß der psychischen (Vorstellungs- )Repräsentanz des Triebes die Übernahme ins Bewußtsein versagt wird“ (S. 250), und der eigentlichen Verdrängung , dem Nachdrängen (ebd.). III. Ab. Entwicklung der späten Triebtheorie: dritte Phase/ Periode / dritter “Schritt”: von 1920 bis 1939/40 1920 erreicht Freud mit Jenseits des Lustprinzips (1920g) die abschließende Phase seiner dualen Triebtheorie. Triebkonzepte und ihre Klassifizierung haben sich radikal verändert. Als Teil einer psychoanalytischen Gesamttheorie nimmt dieser Text auch eine Neuformulierung des Konzepts des unbewussten Konflikts vor: Spielte sich der Konflikt zuvor zwischen Sexualtrieb und Selbsterhaltungstrieben ab (Freud 1911c, 1914c), so taucht er nun zwischen den Trieben und der Abwehr auf. III. Aba. Grundlegende Thesen – nordamerikanische Perspektive Die späte duale Triebtheorie (Freud 1920g) unterscheidet zwischen Lebenstrieben und Todestrieben. Der Lebenstrieb (Eros) umfasst die früheren Kategorien Sexual- und Selbsterhaltungstriebe. Der Todestrieb (Thanatos) war ein radikal neues Konzept, das eine Kraft beschreibt, die den Eindruck eines „verfolgenden Schicksals“, “eines dämonischen Zuges” (S. 21) macht und sich als destruktive Aggression oder als psychosomatische Trägheit äußert. Letztlich erstrebt der Todestrieb eine Rückkehr „zum Leblosen“ (S. 40). In Jenseits des Lustprinzips postuliert Freud (1920g) die neue Dualität von Lebens- und Todestrieben. Hier impliziert er zwar die Libido als Energiereservoir des Lebenstriebes, schreibt aber dem Todestrieb keine entsprechende spezifische Energie zu. Möglicherweise hat dies dazu beigetragen, dass einige spätere Denker (u.a. Loewald 1971; Laplanche 1970) den Todestrieb nicht als konkreten Trieb, sondern als ein Prinzip verstanden haben.
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