Enzyklopädisches Psychoanalytisches Wörterbuch der IPV

Zurück zum Inhaltsverzeichnis

VII. ENTWICKLUNGEN DES KONZEPTS IN LATEINAMERIKA

VII. A. Angel Garma Angel Garma begründete eine wichtige psychoanalytische Bewegung in Argentinien, die sich auf ganz Lateinamerika ausweitete. Geboren im spanischen Bilbao, wanderte Gama 1938 wegen des spanischen Bürgerkrieges (1936-39) nach Argentinien aus. 1942 gründete er zusammen mit Kollegen die Argentinische Psychoanalytische Vereinigung (APA), als deren Präsident er in den folgenden Jahrzehnten wiederholt amtierte. In einem seiner ersten, 1931 veröffentlichten Beiträge betonte er, wie wichtig es ist, in der psychoanalytischen Behandlung die unbewusste masochistische Unterwerfung des Patienten unter das auf den Analytiker projizierte Über-Ich bewusst zu machen. Im selben Jahr hatte er einen Vortrag mit dem Titel „Die Realität und das Es in der Schizophrenie“ gehalten, um Mitglied in der Deutschen Psychoanalytischen Gesellschaft zu werden. Spuren von Garmas Denken finden sich bei folgenden Autoren: VII. Aa. Heinrich Racker Heinrich Racker flüchtete 1939 vor der Nazi-Verfolgung nach Buenos Aires. Er ging zu Angel Garma in Lehranalyse und hat auf die weitere Entwicklung der psychoanalytischen Theorie und Praxis Lateinamerikas großen Einfluss ausgeübt. Racker untersuchte, was mit dem Analytiker in seiner Beziehung zum Analysanden während der Analyse vorgeht. Parallel zur Dynamik der Übertragung formulierte er eine Dynamik der Gegenübertragung, deren Analyse es dem Analytiker ermöglicht, die Übertragung gründlicher zu verstehen. Er berücksichtigt nicht allein die repetitiven Anteile, sondern auch alles, was im Austausch zwischen Analytiker und Analysand neu auftaucht. Racker entwickelte spezifische Konzepte in einer Zeit, in der man seiner Meinung nach dem Widerstand gegen die Übertragung und der Traumdeutung nicht genügend Aufmerksamkeit widmete. Es bestand eine Tendenz, Konflikte zu deuten, aber die tiefen Beweggründe - etwa die Wunscherfüllung im Traum -, ihren eigentlichen Kern also, zu ignorieren. Racker führte diese technischen Differenzen auf Widersprüche in Freuds Theorien zurück. In seinen Estudios sobre técnica psicoanalítica [Studien zur psychoanalytischen Technik] (Racker 1958) erläuterte er, dass Freud seinen Patienten die Intensität und Gewaltsamkeit der Wiederholung habe ersparen wollen. Deshalb habe er seinem Hang, der Übertragungsneurose zentralen Stellenwert in der Behandlung beizumessen, mitunter gebremst.

978

Made with FlippingBook - Online magazine maker