Enzyklopädisches Psychoanalytisches Wörterbuch der IPV

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zusammenhängen. Die empathischen Tendenzen des Analytikers, die seiner sublimierten Gegenübertragung entstammen, ermöglichen zum Beispiel konkordante Identifizierungen. Wenn sie zurückgewiesen werden, herrschen die komplementären vor. Für die Aufdeckung dieser Identifizierungen spielen die mit den Gegenübertragungsvorstellungen und der Gegenübertragungsposition einhergehenden Gegenübertragungserfahrungen eine wichtige Rolle. Gegenübertragungsvorstellungen ergeben sich aus der spezifischen Resonanz, die der Analytiker aufgrund der Entsprechung mit der psychischen Konstellation des Analysanden in sich wahrnimmt. Sie sind auf die von Freud empfohlene gleichschwebende Aufmerksamkeit zurückzuführen und bringen keine Gefährdung der Objektivität mit sich, sofern sie nicht übersehen werden. Konsequenzen haben aber die nicht anerkannten Gegenübertragungspositionen (zum Beispiel der Ärger des Analytikers über frustrierendes Verhalten des Patienten). Racker beschreibt auch Para-Gegenübertragungsphänomene; sie hängen mit den Übertragungen zusammen, die der Patient während der Behandlung auf andere Menschen, die ihm nahe stehen, entwickelt. In entsprechender Weise entwickelt der Analysand Übertragungen auf Menschen, Orte, Institutionen usw., die mit seinem Analytiker zusammenhängen (Para-Übertragung). Racker identifiziert überdies einen Unterschied zwischen einer depressiven und einer paranoiden Angst in der Gegenübertragung. Die depressive Angst entspricht im Allgemeinen einer masochistischen Abwehr des Patienten, die im Analytiker einen Wunsch nach Wiedergutmachung/Wiederherstellung weckt, weil er seinen Patienten als beschädigt erlebt. Im Falle der paranoiden Angst fürchtet sich der Analytiker davor, vom Patienten angegriffen oder verletzt zu werden. Zwischen der paranoiden Angst des Analytikers und der Identifizierung des Patienten mit verfolgenden Objekten, vor denen der Patient sich zu schützen versucht, indem er den Analytiker quält, besteht eine Entsprechung. In solchen Situationen taucht im Analytiker paranoide Angst auf. Racker erklärte, dass zu diesem Thema kaum etwas geschrieben worden sei, und vermutete, dass es Analytikern offensichtlich unangenehm sei, über diese Dinge zu sprechen. Er führte dies auf die Grundlagen der Gegenübertragung zurück, nämlich die infantilen Erfahrungen, die durch die analytische Aufgabe reaktiviert werden. Rackers Konzepte, insbesondere die der Gegenübertragung, und seine Befürwortung der Selbstbeobachtung des Analytikers haben die Ausbildung etlicher Analytiker nicht nur in Argentinien, sondern in ganz Lateinamerika beeinflusst. VII. Ab. Fidias Cesio Fidias Cesio war Freudianer und wollte mit seinen Entwicklungen einen eigenen Beitrag zur Theorie leisten. Er untersuchte zwei Definitionen der Übertragung: Die eine entstammt der Traumdeutung (Freud 1900) und erläutert die Übertragung unbewusster

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