weltweit auf“, sagt der britische Forscher Simon Lewis von der University of Leeds, der ihre Bemühungen unterstützt. Vor einigen Jahren kartierte der Klima- wandel- und Regenwaldforscher mit Kollegen die ausgedehnten Sumpfwälder im zentralen Becken, der Cuvette Centrale. Sie entdeckten dort das größte tropische Moor der Erde. Der dort im Torfboden gespeicherte Kohlenstoff entspricht, umgewandelt in CO 2 , 45 Jahren deutscher Emissionen. Für sein Forschungsprojekt konnte Lewis eine hohe Summe an Fördermitteln aus dem Gewinn eines Wissenschaftspreises einset- zen. Doch „den enormen logistischen und wissenschaftlichen Aufwand konnten wir nur mithilfe der Ortskenntnis unserer kon- golesischen Partner stemmen“, erinnert er sich. „Sie wussten von den Torfmooren und dass es dort viel zu entdecken gab.“ Mit einem Bündnis regionaler Wissen- schaftler gründete Lewis 2023 die Congo Basin Science Initiative. Die Gruppe will umgerechnet 190 Millionen Euro an Förder- geldern für einheimische Forschungsprojekte einwerben. Vorbild ist ein erfolgreiches Pro- gramm in der Amazonasregion. Zu den ersten Erfolgen zählen Graduiertenstipendien für Forschende an Partnerinstituten in Zentral- afrika und Großbritannien. „Forschung in Afrika hatte und hat leider manchmal immer noch einen kolonialen Charakter“, sagt Lewis. „Wir müssen inklusive und gleichberechtigte Partnerschaften zwischen einheimischen und ausländischen Wissenschaftlern aufbauen. Nicht nur, weil es richtig ist, sondern weil wir nur so die Forschungsarbeit hochskalieren können, bevor es zu spät ist.“ W ARUM DAS Kongobe- cken resilienter zu sein scheint als die Amazo- nasregion, bleibt eine komplexe Frage. Die Wissenschaftler suchen unter anderem in den Bäumen nach Antworten. Zurück in
Yangambi, geht Yakusu einen Waldpfad hinab und gibt irgendwann ein Zeichen, dass wir uns tiefer ins Unterholz schlagen müssen. Als wir den Pfad verlassen, verändert sich der Untergrund: Erst brechen trockene Zweige unter unseren Füßen, dann wird der Boden matschig und wir laufen auf der weichen Rinde eines sich zersetzenden Baumstamms. Schließlich bleiben wir vor einem riesigen Baum stehen, dessen breiter, glatter Stamm hoch in das Kronendach ragt. Es ist ein Ent- androphragma utile , eine heimische Art, die zur Familie der Mahagonigewächse gehört. Der Baum ist Teil einer Langzeitstudie an der Forschungsstation. Um ihn zu untersu- chen, holt Yakusu einen Holzbohrer, der wie ein übergroßer Korkenzieher geformt ist, aus seinem Rucksack und setzt ihn etwa einen Meter über dem Boden am Stamm an. Als der Forscher den Griff herumdreht, scheint sich das Hartholz zunächst zu widersetzen und ächzt unter dem aufgewendeten Druck. Nach einigen Minuten extrahiert Yakusu einen lan- gen, dünnen Bohrkern, den er in eine Schutz- hülle steckt. „Man muss aufpassen, dass er nicht zerbricht“, erklärt er. Yakusu entfernt den Bohrer und stopft Blätter in das Loch im Baum. Sie verhindern, dass Insekten hinein- krabbeln und Schaden anrichten. Sanft tät- schelt er den Stamm, als würde er sich von einem alten Freund verabschieden. Das moderne Holzbiologielabor in der Station ist einmalig in der DR Kongo. Hier vergleichen Wissenschaftler Höhe und Stammdurchmesser des Baumes mit den im Bohrkern sichtbaren Ringen. So erkennen sie klimabedingte Wachstumsveränderungen. „Weil sich der Regenwald erwärmt, verändert sich die natürliche Umgebung dieser Bäume. Sie haben keine optimalen Wachstums- bedingungen mehr.“ Auf lange Sicht könnte das zu einer höheren Baumsterblichkeit in der Region führen – ein Faktor, der auch im Amazonas dazu führt, dass der Regenwald weniger Kohlenstoff speichert. Schon jetzt sind manche Baumarten im Verschwinden begriffen. Gleichzeitig
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