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frage, ruft er eine Frau herbei, die an einem Eck­ tisch sitzt. Die Dame stellt sich als Pamela Cerino vor – sie ist just die Archäologin, die 2014 mit ihrem Team begann, das Teilstück freizulegen. Ausgerechnet heute macht sie ihre Aufwartung, was für mich ein schicksalhaftes Glück bedeutet. Wir verlassen das Restaurant und steigen eine Treppe hinab zu den antiken Pflastersteinen. „Die Stätte ist eigens so angelegt, dass man nicht ins Restaurant gehen braucht, um die Via Appia aus der Nähe zu betrachten“, erklärt Cerino. In der Abflussrinne erkenne ich die drei Skelette wieder. Es sind Nachbildungen von Knochen, die hier ausgegraben wurden. Auf der Glasdecke über uns lassen sich Restaurantgäste derweil ihre Burger schmecken. Dann erfahre ich, dass nur wenige Stellen der alten Via Appia so offen freiliegen.

I. DIE ROUTE DIE RÖMERSTRASSE DURCHQUERT Städte, Dörfer, Berge und Felder in vier Regionen Italiens. Heute ist ein Großteil der antiken Via Appia zuasphaltiert und sichert als Strada Statale 7 eine zentrale Verbindung innerhalb des italienischen Fernstraßennetzes. Nur hie und da taucht die ursprüngliche Pflasterung auf – neben einer Cocktailbar auf einem Dorfplatz, unter schwe­ ren Plastikplanen in einem verwilderten Feld. Die Appia, wie sie vom römischen Politiker Appius Claudius geplant wurde, diente als In­ strument für Roms militärische Vorherrschaft. Versklavte Menschen und Arbeiter hoben für jede frisch gepflasterte Meile (1,6 Kilometer – die Maßeinheit Meile war eine Erfindung der

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VIA APPIA

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