NATIONAL GEOGRAPHIC

Das unterirdische Süßwassersystem von Yucatán ist vernetzt. Die Verschmutzung von Cenoten wie diesem in Playa del Carmen, der mittlerweile als Müllhalde genutzt wird, kann verheerende Auswir- kungen auf die gesamte Region haben.

FOTO: ROBBIE SHONE

verlief, versprach die Regierung, Wildtier- überführungen einzurichten. Nicht eine wurde bisher gebaut. Otto dokumentierte derlei Täuschungs- manöver für die Zeitung La Jornada Maya und verbündete sich mit Rojo und anderen Aktivisten. Mehrere Dutzend mexikanische Wissenschaftler und Akademiker unter- zeichneten Protestbriefe, die einen Baustopp forderten. Prominente drehten Unterstützer- videos. Auf frisch abgeholzten Flächen fan- den Demonstrationen statt. Journalisten aus aller Welt wurden auf die Ungereimtheiten aufmerksam; die New York Times titelte: „Ein Projekt rast auf die Katastrophe zu“. Amlo konterte mit Fernsehansprachen und Social-Media-Posts, in denen er die Zug- gegner als Verräter und Feinde des mexika- nischen Fortschritts brandmarkte. „Damals erhielt ich meine ersten Drohanrufe“, berich- tet Otto. Ihm wurde gedroht, er könne „ver- schwinden“ – ein realer Albtraum in Mexiko, wo laut der Nichtregierungsorganisation Glo- bal Witness jedes Jahr mehr als ein Dutzend Umweltaktivisten ermordet werden, mehr als irgendwo sonst auf der Welt mit Ausnahme von Kolumbien. Aus Angst verstummte Otto: „Ich konnte nicht mehr schreiben. Es war zu gefährlich.“ Er bewundert Leute wie Rojo, die trotzdem weitermachen und auf die fehlen- den Umweltgutachten hinweisen. Im November 2021 erklärte Amlo den Zug zur „Angelegenheit nationaler Sicher- heit“ und übertrug die Projektleitung der mexikanischen Armee. Die Umweltauflagen wurden dadurch umgangen. Zwar erklärte der Oberste Gerichtshof das Vorgehen für illegal, doch Amlo umging das Urteil mit

den Zug und begann auch zügig mit dem Bau, der kurz nach dem Amtsantritt seiner desig- nierten Nachfolgerin Claudia Scheinbaum im Jahr 2024 abgeschlossen wurde. Doch Otto von Bertrab glaubt, der Ex-Prä- sident habe dreist gelogen, um das Projekt voranzutreiben. Amlo erklärte wiederholt, es werde „kein einziger Baum gefällt“, da man stillgelegte Trassen für die neue Bahn- strecke nutzen werde. In Wahrheit wurden Millionen von Bäumen geschlagen, und ein Großteil der Strecke verläuft weit entfernt von früheren Geleisen. Um die Tierwelt dort zu schützen, wo die Bahnstrecke nicht erhöht

1 3 5

Made with FlippingBook flipbook maker