NATIONAL GEOGRAPHIC

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Fahrten kosten umgerechnet weniger als einen Euro. Die Fahrer selbst haben ein verlässliches Einkommen. „Ich fahre immer noch, weil ich mit meiner Arbeit als Mechaniker nicht genug verdiene, um meine Familie zu ernähren“, sagt Oluwa- femi Ipadeola, ein Freund von Adewales Vater. Er fährt seit mehr als 20 Jahren Okada, um die Ausbildung seiner Kinder zu finanzieren. Die Fahrpreise steigen sogar, da die Fahrer das Risiko, erwischt zu wer- den, einkalkulieren müssen. Das Verbot wird zwar nicht konsequent durchgesetzt, doch Okada-Fahrer fürchten die Schikane durch die Polizei, die häufig Fahrer festnimmt und Schutzgeld für die Rückgabe der beschlagnahmten Motorräder verlangt. „Die Leute zahlen bis zu 90 000 Naira [49 Euro], um ihr Motorrad zurück- zubekommen“, sagt Adewale. „Manchmal bekommen sie es nicht und müssen zuse- hen, wie es verschrottet wird.“ Tausende von Okadas wurden schon beschlagnahmt und zerstört. Ein verheerender Schlag: Die Motorräder kosten bis zum 33-Fachen des durchschnittlichen Jahresgehalts in Lagos. Häufig werden sie in Raten gezahlt. Die Fahrer protestierten, es gab Zusam- menstöße mit der Polizei. Mindestens eine Okada-Gewerkschaft hat die Regierung verklagt und kämpft für die Aufhebung des Verbots und gegen den Verlust ihrer Löhne. Adewales Vater war 25 Jahre lang Okada- Fahrer. In seiner Kindheit fuhr sein Vater die Familie mit dem Motorrad zur Kirche und zum Markt. Er brachte Adewale und seinen Bruder damit zur Schule. Die ganze Familie saß auf dem Motorradrücksitz, Zei- chen für eine niedrigere soziale Schicht. Damals schämte er sich und stieg kurz vor der Schule ab, damit seine Klassenkame- raden ihn nicht sehen konnten. Heute, da er weiß, wie die Fahrer die neuen Heraus- forderungen meistern, ist aus der Scham Stolz geworden: „Sie weigern sich, aus der Stadt verdrängt zu werden.“ j

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