rende Einsicht: Der Mond hat eine natürli- che Atmosphäre. Sie ist sehr dünn, aber die Gravitation des Mondes ist stark genug, um einen zarten Schleier von Gasmolekülen anzuziehen und zu halten. In dem Moment, in dem die Mondlande- fähre von Apollo 11 mit einer Wolke von Raketenabgasen auf dem Mond landete, würde sie fast genauso viele Gasmoleküle hinterlassen, wie die Mondatmosphäre zuvor enthalten hatte. Mit jeder Mondlandefähre haben wir dem Mond fast eine vollständige „neue“ Atmosphäre von Gasmolekülen verliehen – von Raketenabgasen während der Lan- dung, von Gasen aus der Kabine oder sogar von Fürzen, die aus den Raumanzügen der Astronauten entwichen. Kurz gesagt: Bereits der Akt, den Mond zu erforschen, verschmutzt ihn. Der Mond zählt 37,9 Millionen Quadratkilometer, mehr als einhundertmal so viel wie die Fläche Deutschlands. All dieses Land ist bisher leer und fast vollständig unbe- rührt. Aus unserer Erfahrung auf der Erde wissen wir, dass es an der Zeit ist, seinen Schutz als natürliche Ressource zu planen. Andernfalls könnten unsere ehrgeizigen Pläne für Forschung auf dem Mond bald durchkreuzt sein. Genau darüber sorgt sich Nivedita Mahesh, Astrophysikerin am California Institute of Technology. Aber die Ver- schmutzung, die ihr am meisten Sorgen bereitet, ist nicht von der üblichen Art. Mahesh erforscht die Entstehung von Sternen in den ersten Momenten des Universums. „Diese Epoche nennen wir kosmische Dämmerung“, sagt sie, „als die ersten Sterne zu leuchten begannen.“ Um zu verstehen, wie die ersten Sterne entstanden sind, müssen Forscher die Signale des Universums aus einer Zeit abhören, als es erst 100 oder 200 Millio- nen Jahre alt war. In der Astrophysik lässt sich nur mithilfe von fortgeschrittenen Radioteleskopen so weit zurückhören. Auf
schwierig abzubauen sein: Die Krater sind von Funksignalen abgeschnitten, sie haben steile Hänge und unebene Böden, die Tem- peratur im Inneren erreicht 20 Grad Kelvin (minus 253 Grad Celsius). Für Astronauten ist es unmöglich, dieses Gebiet sicher zu erkunden, ebenso für die heutigen Robo- ter. Derzeit ist nicht daran zu denken, dort Rohstoffe abzubauen und zu menschlichen Stützpunkten zu transportieren. Eine florierende Mondwirtschaft wird von Wasser ebenso abhängig sein wie von Regolith. Wasser könnte sich als der Angelpunkt herausstellen, um den sich die Zukunft des Mondes dreht. Jede bemannte Mondmission hat den Südpol zum Ziel – auch Artemis 3, der erste Versuch der NASA seit 1972, Menschen auf den Mond zu bringen. Die meisten unbemannten Missionen, die Rover, Solarsysteme und Roboter testen, zielen auf den Südpol. Viele von ihnen werden nach Beweisen für Wasser suchen. Ob sie es finden oder nicht, wird viel darüber verraten, wie die Zukunft auf dem Mond wohl aussehen wird.
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MÄRZ 1966, drei Jahre, bevor Neil Arm- strong und Buzz Aldrin auf dem Mond landen sollten: Die NASA erhielt einen ernüchternden Bericht von Ingenieuren und Wissenschaftlern der Grumman Air- craft Engineering Corporation, die die Apollo-Mondlandefähre baute, sowie von Kollegen bei der Unternehmensbe- ratung Arthur D. Little. Man hatte den Ingenieuren eine einfache Frage gestellt: Wie sehr würden die Apollo-Missionen die Mondumgebung verschmutzen – allein durch ihre Landung? Die 206-seitige wissenschaftliche Ana- lyse enthält gleich zu Beginn eine frappie-
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