SH KERN RZ 2

Reflexion und Zukunftspläne

4.3

In Bezug auf mein Forschungsinteresse – wie eine weitgehend unabhängige Kunstproduktion und Ausstellungspraxis in einem gewissen, meine persön- lichen Lebensumstände berücksichtigenden Rahmen – möglich sein kann, stellt das VAN-Projekt als ein künstlerisch-kuratorischer Versuch einen durchaus annehmbaren Ansatz dar. Die Größenordnung und der Rahmen, in welchem sich das Projekt bewegt, ist für mich als Einzelperson gut umsetz- bar, ohne dabei von permanenter Überforderung geplagt zu werden, wie ich es bereits in unzähligen Projekten davor erlebt habe. Denn wie Bojana Kunst beschrieben hat, transzendiert die „autonome“ und autarke Produktion die gesellschaftlichen Widersprüche nicht, sondern repräsentiert sie in vollem Umfang und verschärft sie weiter, wobei sich die postulierte Freiheit in eine tägliche Unfreiheit von zahlreichen Aufgaben und Projekten verwandelt (vgl. Kunst, 2015, S. 147). Neben der Auswahl von künstlerischen Positionen interessieren mich vor allem die existenziellen Fragestellungen, die damit einhergehen: Was be- deutet es, einen nicht kommerziell orientierten (im Sinne von gewinn- und profitbringenden) Kunstraum zu betreiben, was bedeutet Selbstorganisation, und wie weit ist eine „Unabhängigkeit“ möglich? Wo verorte ich mich zwi- schen Künstlerin, Kuratorin oder Organisatorin? Jede Ausstellung greift die- se Fragen erneut auf und fordert stets eine neue Positionierung dazu. In meinem Projekt sehe ich den Aspekt der Selbstermächtigung im Verhältnis zur Selbstausbeutung – wie es Bojana Kunst beschreibt – zwar nicht gänzlich beseitigt, jedoch als zum Thema der Auseinandersetzung ge- macht und eventuell durch das Arbeiten mit anderen Künstler_innen aufge- teilt. Diesen Aspekt würde ich in Zukunft auch gerne prägnanter durch die jeweiligen künstlerischen Beiträge herausarbeiten, indem die Nähe von Kunst und Leben und die eigenen Produktionsbedingungen sichtbar gemacht werden. Dazu schreibt Bojana Kunst:

„Visible processes of work in the arts therefore become interesting when they disclose the hegemony of the difference between art and life and open up ways for representations and imagery of contemporary exploitation. In this, it is extremely important to make visible the ex- ploitation within one’s own methods of produc- tion– to work in a way that makes the production conditions visible.“ (Kunst, 2015, S. 151)

Der mir bewusste selbstausbeuterische Aspekt bei der Entstehung meines Projektes birgt – ganz im Sinne einer neoliberalen Ökonomie des Ausschlachtens aller Ressourcen und Handlungsmöglichkeiten – permanent die Gefahr, diese Ausbeutungsverhältnisse zu wiederholen und sich damit einer Warenförmigkeit hinzugeben.

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Sophia Hatwagner

VAN Art Space

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