IM FOKUS – Fach- und Jugendaustausch mit der Türkei
Mitbestimmung vor Ort
Melanie Liedtke
„Dass aus unseren Projekten demokratische Institutionen entstehen, darauf sind wir einfach irrsinnig stolz“, betont Daniel Grütjen, Geschäftsführer der Deutsch-Türkischen Jugendbrücke. Seit mehreren Jahren fördert diese den Austausch kommunal engagierter Jugendlicher. Mit besonderem Erfolg: Nach Begegnungen mit Gleichaltrigen in Deutschland gründeten Jugendliche in der westtürkischen Stadt Çanakkale und der Istanbuler Gemeinde Ataşehir Jugendparlamente.
Kommunale Projekte öffnen dabei häufig die Tür für Zusammenarbeit auf unterschiedlichen Ebenen. „Viele Schulpartnerschaften oder Kooperationen von Jugend- einrichtungen sind auf Städtepartnerschaften zurückzu- führen“, hebt Rasche hervor. „Umgekehrt beobachten wir, dass Projekte mit Jugendlichen dazu führen können, dass sich Expert*innen aus Stadtverwaltungen austau- schen, beispielsweise Mitarbeitende aus Umweltämtern, wenn Jugendliche Projekte zu ökologischer Nachhaltig - keit bearbeiten.“ Die deutsch-türkischen Beziehungen sind seit Gründung der Jugendbrücke komplizierter geworden. Gerade in diplomatischen Krisenzeiten kommt dem Jugendaus- tausch eine besondere Bedeutung zu. „Dabei geht es um mehr als Völkerverständigung“, betont Grütjen. „Es geht auch darum, Jugendliche in Deutschland fit für eine Welt zu machen, die nur in Teilen unseren normativen Vorstellungen entspricht.
Vor zehn Jahren wurde die Jugendbrücke mit dem Ziel gegründet, den deutsch-türkischen Schul- und Jugend- austausch zu stärken. Während der Corona-Pandemie legte sie einen Schwerpunkt auf kommunale Jugendbe- gegnungen. Zunächst in Online-Workshops und später in Austauschprojekten vor Ort brachte sie Jugendliche über lokale Themen in den Dialog: Umweltschutz, Ver- kehr, öffentlicher Raum, und als Oberthema die Mitbe - stimmung vor Ort. „Gestalte Deine Stadt!“ ist das aktuelle Förderprogramm der Jugendbrücke zur Stärkung kommunaler Jugend beteiligung durch Austausch. Kommunen oder kom- munale Träger aus beiden Ländern können sich mit gemeinsamen Projektideen auf jährliche Ausschreibun- gen bewerben. Die Jugendbrücke wählt zunächst die besten Ideen aus, dann konzipiert und organisiert sie die Begegnungsprojekte gemeinsam mit den Antragstel- lenden. Alle Projekte umfassen eine Hin- und Rückbe- gegnung vor Ort. Die Jugendbrücke stellt aus Mitteln von Erasmus+ die Reise- und Unterbringungskosten. „Politisch und gesellschaftlich aktive Jugendliche besu- chen sich gegenseitig in ihren Heimatstädten“, erklärt der zuständige Projektmanager Tino Rasche. „Sie neh- men an Sitzungen kommunaler Gremien und von Jugendparlamenten teil und diskutieren mit politischen Entscheider*innen. So erleben sie, wie Jugendbeteili- gung vor Ort gelebt wird und entwickeln in gemeinsamen Workshops Ansätze, um ihre Städte noch aktiver mit zugestalten.“
Jugendpartizipation zu stärken ist ein wichtiges Anliegen der Deutsch-Türkischen Jugendbrücke
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