beyond - Internationale Impulse für die Jugendarbeit 01|24

Die Alltagswelten von jungen Menschen sind inter- und trans­ national verflochten

Wird zudem reflektiert, um mehr in die Gegenwart zu gehen, welche Bedeutung die UN-Kinderechtekonventi - on (UN-KRK) und UN-Konvention für die Rechte von Men - schen mit Behinderungen (UN-BRK) für die Entwicklung der Kinder- und Jugendhilfe in den vergangenen dreißig Jahren genommen haben, dann zeigt sich schnell, dass die Inter- und Transnationalität der Kinder- und Jugend- hilfe nicht nur auf die Jugendarbeit und den internatio- nalen Austausch begrenzt werden kann. Mit den Konventionen wurden die Rechte der jungen Menschen in der Kinder- und Jugendhilfe gestärkt und beispielsweise die Beteiligung junger Menschen in den Kommunen und in gerichtlichen Verfahren sowie die Entwicklung von Ombudsstellen und Selbstvertretungen junger Menschen rechtlich geradezu eingefordert. Weiterhin ist in den Hilfen zur Erziehung die neuere Diskussion um „Leaving Care“ vor allem auch internati- onalen Anregungen und transnationalen Kooperationen zu verdanken. Diese Liste könnte in die Geschichte und Gegenwart weiter ergänzt werden. Kinder- und Jugend- hilfe in Deutschland wird so letztlich nur verstehbar, wenn sie in ihren internationalen und transnationalen Vernetzungen wahrgenommen wird.

Dabei ist noch einmal mitbetrachtet, dass wir in einer Gesellschaft leben, die als postmigrantisch (vgl. Forou- tan 2021) bezeichnet wird oder in der von superdiversen (El-Mafaalani 2022) Kindheiten und Jugenden gespro- chen wird. Kindheiten und Jugenden und damit die All- tagswelten von jungen Menschen sind heute inter- und transnational verflochten. Es ist, wie es in der Diskussion um eine postmigrantische Gesellschaft heißt, nicht die Frage des Ob der Internationalität und Transnationalität, sondern wie transnational Kindheit und Jugend sozial gerecht ermöglicht wird und wie wir Mobilität gestalten und leben. So kann in diesem Zusammenhang auch von Postmobilität (Karic, Bartels & Schröer 2024) gesprochen werden, da die Alltagswelten vieler junger Menschen durch Mobilitäten charakterisiert sind und sich z. B. der internationale Jugendaustausch auch fragen muss, wie für wen welche internationalen Begegnungen organi- siert werden und wie sich dieses zu den inter- und trans- nationalen Mobilitätserfahrungen der jungen Menschen generell verhält. Warum versteht sich die Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland nicht inter- und transnational(er)? Die All - tagswelten der jungen Menschen und die Fachentwick- lung sind nur sehr begrenzt in einem nationalen Rah- men zu begreifen. Auch in der Fachkräfteentwicklung und -anerkennung brauchen wir eine transparentere Inter- und Transnationalität. Wer die Alltagswelten der jungen Menschen und die Fachentwicklung verstehen will, muss den nationalen Container öffnen und sich auf die inter- und transnationalen Verflechtungen einlassen. Auch die internationale Jugendarbeit reflektiert sich heu - te mit ihren Angeboten und Programmen in einer post- migrantischen Gesellschaft, in der Transnationalität und Internationalität in den Alltag der jungen Menschen ein- geschrieben sind. Dies bedeutet nicht sozialräumliche, regionale, nationale Bezüge herabzusetzen, sondern diese in ihren Verflechtungen und translokalen Bezie - hungen zu begreifen. Die Frage bleibt, wer ein Interesse hat, die nationale Perspektive so häufig zu schließen und warum.

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