TITELTHEMA | ENERGIE
WÄRME Vernetzt gegen den Klimawandel Wärmenetze spielen eine wichtige Rolle bei der Dekarbonisierung der deutschen Energienutzung. In Weinheim und St. Leon-Rot sieht man das in der Praxis.
Wärmequelle das kleinere Netz eines Gewerbeparks. Die eigentliche Wärmeplanung ist in Weinheim bereits abge- schlossen. Die Kernpunkte: Je nach (Ausbau-)Möglichkeiten der Fernwärme- und Strom- netze sollen unterschiedliche Wärmequellen genutzt werden, von der Fernwärme über Wär- mepumpen in den einzelnen Gebäuden bis zu Biomasse- heizungen. Geothermie wird ebenso in Betracht gezogen. „Der Ausbau muss am Ende des Tages ökologisch und wirtschaftlich sinnvoll sein“, erklärt Friedrich. Deshalb sei das gesamte Planungsverfah- ren in Weinheim partizipativ gestaltet: Das Fernwärmenetz wird ausgebaut, wenn Interes- se besteht. Einige Cluster von Interessierten haben sich etwa durch Nachbarschaftsinitiati- ven bereits gebildet. Für Unternehmen, die Abwär- me auskoppeln können und in deren Nähe sich ein Fern- wärmenetz befindet, stellt sich die Frage, ob sie ihre Abwärme in ein ausgebautes Wärmenetz einspeisen oder Wärme von dort beziehen können. Darüber hin- aus bietet der Bezug von Wärme über Fernwärmenetze für Unter- nehmen grundsätzliche Vorteile, liegen Dekarbonisierungspflich- ten und Investitionsrisiko doch auf Seiten der Stadtwerke. Und wenn es kein Fernwärme- netz gibt? Ob und inwieweit sich für die Abwärmenutzung eine Quartierslösung eig- net, hängt vom Einzelfall ab. Grundsätzlich fällt die Abwär-
me aus industriellen Prozessen meist jahreszeitenunabhängig an oder erreicht bei Küh- lungsvorgängen gerade in der wärmsten Jahreszeit ihren Höhepunkt. Das schränkt ihre Weiterverwendung für Heizzwecke ein. Vorteilhaft kann jedoch die Nutzung der Abwärme für unterschiedliche Prozesse innerhalb eines Be- triebes oder zwischen zwei ver- schiedenen Unternehmen sein. Die anfallende Wärmemenge unterliegt allerdings produkti- onsbedingten Schwankungen, im schlimmsten Fall fällt ein Wärme-Partner weg. Für diese Schwankungen und die erfor- derlichen Restmengen müssen Lösungen gefunden werden. Wie es trotzdem geht, zeigt ein Beispiel aus St. Leon-Rot. Dort plant die Rheinmetall- Tochter KS Gleitlager, über ein geschlossenes, unterirdi- sches Kreislaufsystem Pro- zesswärme der benachbarten SLR-Gießerei als Energie für verschiedene Produktions- prozesse und Heizzwecke zu nutzen. Die Inbetriebnahme ist für September 2024 an- visiert. Bereits nach wenigen Jahren sollen sich die Projekt- kosten amortisiert haben. Neue Infrastrukturen gibt es nämlich nie umsonst – auch nicht bei der Fernwärme. Und im Gegensatz zu Strom und Gas existiert bei der Fern- wärme kein funktionierender Markt, die Anbieter sind ver- tikal integriert, man kann den Versorger – selbst nach Ablauf der außergewöhnlich langen Vertragslaufzeiten – nicht ein- fach wechseln.
F ernwärme? Ja bitte! So könnte der Slogan zum Heizen in Weinheim lauten. „Fernwärme ist für uns eine der zukunftsfähigsten Arten zu heizen“, sagt Tors- ten Friedrich von der Stadt- werke Weinheim GmbH. Wie in den meisten deutschen Kommunen unterstützten die Stadtwerke auch in Weinheim die Kommune bei der Kon- zeption und der Umsetzung der Wärmeplanung. Vor Ort gibt es drei Wärmenetze: Das Netz „Mannheimer Straße“ wird unter anderem von einem mit bilanziellem Biogas be- triebenen Blockheizkraftwerk versorgt, das Netz „Lützelsach- sen – Ebene“ speist eine mit landwirtschaftlichem Biogas betriebene Anlage und schließ- lich versorgt eine durch Wär- meauskopplung eines Indus- trieunternehmens betriebene
Bauarbeiten in Weinheim: Durch diese Rohre fließt zukünftig Wärme.
7 MILLIONEN der deutschen Haushalte heizen mit Fernwärme QUELLE: BUNDESVER- BAND FÜR ENERGIE- UND WASSERWIRTSCHAFT
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IHK Magazin Rhein-Neckar 06 | 2024
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