STANDORT
Stopp: Bei Hochwasser müssen viele Container erst mal im Handelshafen bleiben.
BINNENSCHIFFFAHRT Wenn die Handbreit Wasser unterm Kiel fehlt Der Klimawandel wirkt sich auch auf die Binnenschifffahrt aus. Immer öfter stören Hoch- und Niedrigwasser Logistikketten.
K ohle und noch mehr Kohle, die via Schiff herantransportiert wird: Blickt man von Altrip in Richtung des Grosskraftwerkes Mannheim (GKM) ist dies für ge- wöhnlich ein beeindruckendes Bild. Nicht so im Jahr 2018. Rund drei Mil- lionen Tonnen Steinkohle brauchte das GKM damals zur Produktion von Strom und Fernwärme. Allein: Das Niedrigwasser des Rheins in diesem Dürrejahr stellte das Unternehmen vor erhebliche Herausforderungen. Bei den extrem geringen Wasserstän- den konnten die Schiffe mit Steinkoh- le nicht wie üblich beladen werden. Dürren mit wenig Wasser in den Flüssen, aber auch Starkregen und Überschwemmungen werden häu- figer und heftiger. 2021 kam es am Oberrhein infolge ergiebiger Regen- fälle mehrmals zu längeren Sperrun- gen wegen Hochwassers. 2022 war wiederum ein sehr trockenes Jahr. Im Juni 2024 hingegen versank Deutsch-
land nach Dauerregen teilweise in den Fluten, Schiffe mussten zum Beispiel auch im Mannheimer Hafen ihre Fahrt ungeplant unterbrechen. Beide Extreme wirken sich auf die Funk- tionsfähigkeit der Wasserstraßen aus, denn Schiffe brauchen genug Wasser unterm Kiel, aber nicht so viel, dass die Strömung unberechenbar wird. Zahlreiche Unternehmen sind dann wie das GKM von erhöhtem orga- nisatorischem Aufwand, knapp werdenden Lagerflächen, Produk- tionseinschränkungen und nicht zuletzt Kostensteigerungen betroffen. „Sinkende Pegelstände bedeuten eine geringere Ladekapazität der Binnenschiffe, was wiederum mehr Schiffsraum für die gleiche Ladungs- menge erfordert. Die Kosten steigen erheblich, da nicht nur die vorhan- denen Schiffe weniger ausgelastet sind, sondern auch zusätzlicher Raum gechartert werden muss. Um diese Mehrkosten zu decken, sind Klein-
wasserzuschläge erforderlich“, er- läutert Marco Speksnijder, Managing Director beim Containerlogistikspe- zialisten Contargo Rhein-Neckar. Das GKM entwickelte 2018 gleich mehrere Strategien zur Bewältigung der Lieferengpässe. So erhöhte man die Haldenbestände vor Beginn der Heiz- periode stark. Außerdem nahm man in geringem Umfang zusätzliche Liefe- rungen per Güterzug in Anspruch. Und das Mannheimer Unternehmen wapp- nete sich zusätzlich für die Zukunft: Da die Belieferung per Binnenschiff für das Kraftwerk unverzichtbar ist, wurde 2018 ein Joint Venture mit einer niederländischen Reederei gegründet. Damit ist es möglich, den Kohlebe- darf mit bis zu 80 Binnenschiffen pro Woche zu decken, um die reduzierte Ladekapazität zu kompensieren. Bei normalen Wasserständen, wenn mehr geladen werden kann, sind es lediglich zehn bis fünfzehn Schiffe. Kira Hinderfeld
22
IHK Magazin Rhein-Neckar 06 | 2024
ihk.de/rhein-neckar
Made with FlippingBook Learn more on our blog