IHK-Global Business Ausgabe 10/2024

GROSSBRITANNIEN

Deshalb ist Ende Oktober mit Steuererhöhungen zu rech- nen, wenn Finanzministerin Reeves ihre Pläne vorstellt. Die Labour-Partei hat zwar Erhöhungen der Einkommens- und Mehrwertsteuer ausgeschlossen, doch Erbschafts-, Kapitalertrags- und möglicherweise auch Unternehmens- steuern könnten betroffen sein. Reform des Gesundheitswesens und sozialer Wohnungsbau Das erhoffte Wachstum soll die Steuereinnahmen er- höhen, die dann vor allem dem unterfinanzierten Gesund- heitssystem NHS zugutekommen sollen. Das Ziel ist es, zwei der größten Herausforderungen Großbritanniens anzugehen: die Gesundheitskrise und den Mangel an be- zahlbarem Wohnraum. Starmer verspricht einen umfas- senden „Neustart“ mit tiefgreifenden Reformen in diesen Bereichen. Im Fokus des Gesundheitssektors steht der chronisch unterfinanzierte National Health Service (NHS). Dafür wird eine erhebliche Erhöhung der finanziellen Mit- tel geplant, um die langen Wartezeiten zu verkürzen und die Behandlungsqualität zu verbessern, wobei besonderer Wert auf die Einstellung zusätzlichen medizinischen Per- sonals gelegt wird. Im Bereich des sozialen Wohnungsbaus hat die neue Regierung nicht weniger ambitionierte Ziele. Starmer ver- spricht den Bau von jährlich 150.000 Sozialwohnungen – eine gewaltige Aufgabe angesichts des jahrzehntelangen Rückstands. Um dies zu erreichen, plant Labour eine Über- arbeitung der Planungsgesetze, die Bauprojekte beschleu- nigen soll.

Gesundheitssektor im Fokus: Premierminister Keir Starmer (r.) and Wes Streeting, Minister für Gesundheit und Soziale Dienst (l.), lassen sich beim Besuch des University College Hospitals in London ein modernes Röntgengerät erklären.

der Zusammenarbeit unterzeichnet werden. Dabei wurde bei Starmers Besuch in Berlin viel von einem Neuanfang zwischen den beiden Ländern gesprochen. Inhaltlich soll die Vereinbarung ein breites Spektrum an Themen ab- decken. Sowohl in der Sicherheitspolitik als auch bei der Bekämpfung irregulärer Migration wollen beide Länder enger zusammenarbeiten. Zudem steht die Vertiefung der wirtschaftlichen Koope- ration auf der Agenda. Sicher ist allerdings, dass weder der Brexit rückgängig gemacht wird noch das Vereinigte Königreich dem EU-Binnenmarkt oder der Zollunion wieder beitreten wird. Das neue Abkommen soll sich am sogenannten „Lancaster-House-Vertrag“ orientieren, mit dem Großbritannien und Frankreich 2010 ihre Sicher- heitspartnerschaft gefestigt hatten. Starmer plant, es bis zum Jahresende endgültig abzuschließen. Ein Haupt- anliegen Starmers beim Abbau von Handelshürden ist es, britischen Unternehmen besseren Marktzugang zu verschaffen sowie die Anerkennung beruflicher Qualifi- kationen zu fördern. Engere Wirtschaftsbeziehungen sind seiner Meinung nach „entscheidend“, um mehr Wachs- tum zu erzielen, sagte der Premierminister, „und mehr Wachstum ist das wichtigste Ziel meiner Regierung.“ Starmer hatte außerdem bereits angekündigt, Erleich- terungen im Handel mit Agrarprodukten mit der EU auszuhandeln.

Verbesserung der Beziehungen zur EU und internationale Zusammenarbeit

Die neue Regierung strebt in ihrer Außenpolitik an, die Beziehungen zur Europäischen Union zu verbessern und die Zusammenarbeit mit europäischen Partnern zu intensivieren. Die Erneuerung der Verbindung Groß- britanniens zu seinen europäischen Nachbarn gilt als vorrangiges Ziel der Außenpolitik. Außenminister David Lammy kündigte an, die Beziehungen zu den europäi- schen Partnern neu zu gestalten und Handel sowie In- vestitionen mit der EU zu stärken. Ein Wiedereintritt in die EU oder eine Rückkehr in die Zollunion wird jedoch ausgeschlossen. Starmer strebt einem Neustart in Beziehungen mit Deutschland an Auch Deutschland möchte seine Beziehungen zum Vereinigten Königreich nach dem Austritt aus der EU auf eine neue Basis stellen. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger Rishi Sunak, der sich 18 Monate Zeit ließ, um Berlin zu besuchen, reiste Keir Starmer bereits nach weniger als zwei Monaten zu seinem Amtskollegen. Ziel ist es, die Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern auf ein neues Niveau zu heben. Bis Ende des Jahres soll ein umfassendes Abkommen über verschiedene Bereiche

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