Mein Haus & Grund - Green Living

TITELTHEMA 25

Seegras – Rohstoff des Meeres

signs angehängt hat. Während dieses Studiums ist Wejdas Leidenschaft für das Seegras weitergewachsen. Über ein gesamtes Semester hat er sich damit beschäftigt und erneut drängte es ihn, diesen Rohstoff den Menschen näher zu bringen, ihnen zu zeigen, wie wertvoll er ist, dass er nicht stinkt und sich etwas damit machen lässt. Etwas Sinnvolles. In Ziehm hat er einen Partner gefunden, der sich von der Idee anstecken ließ. „Ich habe noch nie jemanden getroffen, der so begeisterungsfähig ist wie Tjark“, sagt Wejda dazu. „Der Funke ist sofort übergesprungen.“ Dabei könnten die beiden unterschiedlicher nicht sein, das geben sie selbst zu. „Aber gerade des- halb ergänzen wir uns perfekt.“ Allein in der Eckernförder Bucht werden jähr- lich rund 2000 Tonnen Treibsel ange- spült. Die Kommunen haben bislang viel Geld ausgegeben für die Abfahrt und die Entsorgung, die zumindest in die- sem Bereich nun die Gründer von Baltic Materials übernommen haben. Pro Saison bringen sie zwanzig bis vierzig Lkw-Ladungen nach Kiel-Friedrichsort. Theoretisch könnten sie die ganze deutsche Ostseeküste „abgrasen“, die Anfragen sind da. „Aber dann stimmt die CO 2 -Bilanz nicht mehr“, erklärt Ziehm. Und diese Bilanz steht ganz oben auf ihrer Agenda. Sie wollen ihren Kunden ein echtes Bio-Produkt liefern. Wer in industriellen Dimensionen plant, muss über mögliche Erweiterungen nachdenken. Ideen gibt es auch dazu schon. „Wir können unsere Anlage in Container packen, sodass wir künftig auch direkt vor Ort sortieren und trock- nen können“, sagt Ziehm dazu.

In einer Halle in Kiel-Friedrichsort schaufeln die beiden das Treibsel auf ein Transportband. Ziehm hat die Künstli- che Intelligenz für die Greifer program- miert, die aus dem Seegras heraussor- tieren, was nicht dazu gehört, Sand wird herausgefiltert, es wird gereinigt, selbstproduzierte Bio-Kohle sorgt für die Trocknung und am Ende liegt ein fein knisterndes, sauberes und geruchs- neutrales Material in ihren Händen. Die Verwertung von Seegras ist nicht neu. Schon die Seefahrer früherer Jahrhun- derte haben auf Seegrasmatratzen geschlafen. In den Küstenregionen war der Rohstoff aus dem Meer als Stopf- wolle für Kissen, als Dämmmaterial für Häuser und selbst als Dachbedeckung beliebt.

Vom Sand befreien, trocknen und sortieren – bei Baltic Materials werden diese Schritte industriell getätigt.

Industrielle Verarbeitung natürlicher Vorkommen

Neu ist der Ansatz, das Seegras in einem industriellen Rahmen zu ver- arbeiten, der die Nutzung sowohl für den Rohstofflieferanten als auch den Hersteller interessant macht. „Das ist es, was uns im Moment einzigartig macht“, sagt Wejda selbstbewusst dazu. „Alle anderen verkaufen Seegras entweder handsortiert oder als Import aus Dänemark. Wir schaffen für das Material einen neuen Markt und neue Anwendungsmöglichkeiten.“ Große Mengen sollen verarbeitet werden, die dennoch eine positive Ökobilanz haben sollen. Wie lässt sich das erreichen? Ziehm und Wejda haben dazu lange geplant und nachgedacht, bevor sie tatsächlich ins Handeln gekommen sind. Zugute kam ihnen dabei, dass sie beide sowohl auf eine praktische als auch universitäre Ausbildung zurückblicken. Ziehm ist Handwerksmeister und hat danach Informatik studiert, Wejda hat eine Ausbildung zum Karosseriebauer gemacht, bevor er ein Studium des Industrie- und Kommunikationsde-

Mit Seegras beschäftigt sich Marc Wejda (links) seit seiner Kind- heit. Angefangen hat für ihn alles mit den Besuchen bei den Großeltern an der Ostsee. Knietief stand er dort am Strand in dem angespülten Treibsel, jenem Gemisch aus Seegras, Algen und Sand, und hat sich gefragt, wie man diese großen Mengen an natürlichem Rohstoff nutzen könnte. Seither zieht sich das Thema wie ein roter Faden durch sein Leben. Baltic Materials

Seegras ist groß. Vor allem dänische Firmen beherrschen den Markt, können aber den derzeitigen Bedarf nicht decken. Denn sowohl als Dämmmaterial beim Bau von Häusern als auch als Füll- stoff für Polster und Matratzen erlebt der Rohstoff gerade eine Renaissance. Aufgrund seines hohen mineralischen Gehalts schimmelt Seegras nicht, ist un- gezieferresistent und muss zudem nicht zusätzlich mit Boraten und anderen Salzen chemisch für den Brandschutz behandelt werden. Diese Salze sind im Seegras bereits enthalten. Aus ökologi- scher Sicht ist Seegras daher ein >>

Nutzung von Seegras erlebt Renaissance

Flensburg und Kappeln wären in dieser Hinsicht erste Ziele, dann wollen sie sich die Ostseeküste bis zur polnischen Grenze erschließen. Die Nachfrage nach

ell für die Dämmung von Gebäuden, als Füllstoff für Kissen und Matratzen und als Düngemittel aufzubereiten.

Startup Baltic Materials gegründet. Ge- meinsam haben sie ein System entwi- ckelt, den Rohstoff des Meeres industri-

Denn über dreißig Jahre später steht Wejda noch immer knietief im Seegras. Zusammen mit Tjark Ziehm hat er das

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