EUROPA
GROSSBRITANNIEN Lage der Automobilindustrie verschärft sich
In der britischen Automobil- branche wächst die Unruhe. Die Labour-Regierung will das bisher ab 2035 geplante Verkaufsverbot für Autos mit Verbrennungsmotor bereits 2030 in Kraft setzen. Das Zero Emission Vehicle (ZEV)-Mandat sieht vor, dass ab 2035 keine neuen Pkw und Transporter mit Verbrennungs- motor verkauft werden dürfen. Bereits ab 2024 müssen Hersteller steigende Quoten emissionsfreier Fahrzeuge erfüllen – für 2024 liegt die Quote bei 22 Prozent. Elektromobiler Wandel stockt Doch der Wandel zur Elektro- mobilität verläuft schleppend. Seit Mitte 2022 gibt es keine staatlichen Kaufprämien für E-Autos mehr, und wichtige Projekte wie Batteriefabriken (Gigafactories) kommen kaum voran. Bisher bauen nur Nissan und Jaguar Land Rover lokale Batteriewerke; BMW importiert Batterien für die Mini-Produktion. Toyota produziert im Werk Burnaston ausschließlich Hybrid-Pkw – Fahrzeuge, die ab 2030 im Vereinigten Königreich nicht mehr neu verkauft werden dürfen. Damit steht für Toyota der Wegfall von rund 20 Prozent des Inlandsabsatzes im Raum (denn 80 Prozent der britischen Produktion gehen ohnehin in den Ex- port). Zusätzlich drohen Jobverluste: Stellantis hat im April sein Werk in Luton geschlossen (1.100 Stellen), auch Ford möchte 800 Arbeitsplätze in Großbritannien streichen. Branchenverband warnt vor Kosteneskalation Der Branchenverband SMMT warnt vor den Folgen des verschärften ZEV- Mandats. Die für 2024 geforderte Elektro-Quote von 22 Prozent wird voraussichtlich verfehlt (Prognose:
Stopp nach 120 Jahren: Im Vauxhall-Werk in Luton (im Bild) laufen seit April keine Fahrzeuge mehr vom Band. Der Mutterkonzern Stellantis möchte die Produktion seiner Elektrotransporter am Standort Ellesmere Port bündeln.
gehen etwa 79 Prozent der britischen Autos in den Export, 60 Prozent davon in die EU. Ende 2026 läuft im Brexit- Handelsabkommen eine Übergangs- frist aus. Ab 2027 gelten strengere Ur- sprungsvorschriften für E-Autos und Batterien. Erfüllt die britische Indus- trie bis dahin nicht genügend lokale Wertschöpfung, könnten Exporte in die EU mit 10 Prozent Zoll belegt wer- den. Diese Regelung sollte ursprüng- lich schon 2024 greifen und wurde Ende 2023 kurzfristig verschoben. SMMT-Präsident Mick Flanagan mahnte Ende November 2024 ange- sichts stagnierender Verkaufszahlen, Kaufprämien wieder einzuführen und das ZEV-Mandat nachzubessern. Wirtschaftsminister Jonathan Rey- nolds betonte zwar die Bedeutung der Branche und erkannte die Probleme an, blieb jedoch vage in Bezug auf konkrete Lösungen. GTAI/IHK
18,7 Prozent), was Strafzahlungen von rund 2,2 Milliarden Euro nach sich ziehen könnte. Zugleich mussten Her- steller bereits hohe Rabatte (rund 4,8 Milliarden Euro) gewähren, um den Absatz anzukurbeln. Insgesamt drohen der Branche 2024 damit Mehr- kosten von etwa 7 Milliarden Euro. Auch Markt und Produktion stehen unter Druck. Seit dem Rekord von 2,7 Millionen Neuzulassungen im Jahr 2016 schrumpft der britische Neu- wagenmarkt: von Januar bis Oktober 2024 wurden nur etwa 1,7 Millionen Fahrzeuge verkauft. Das ist zwar ein Plus von 3,3 Prozent zum Vorjahr. Eine nachhaltige Erholung bleibt jedoch aus. Die Jahresproduktion sank von 1,7 Millionen (2016) auf 905.000 (2023) und lag in den ersten neun Monaten 2024 nochmals 10 Prozent unter dem Vorjahr – teils bedingt durch Modellumstellungen. Dabei
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IHK Global Business 10/2025
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