02-2018 D

2018

Blick ins neue Jahr Fertig?!

Wir sind gerade im Jura auf unserem Homebase-Ausflug, da klin- gelt mein Handy: EinWhatsApp-Anruf einer algerischen Nummer. Algerien? Da kenne ich doch niemanden! Am anderen Ende der Leitung meldet sich eine Guineerin, deren Mutter ich aus meiner Zeit in Guinea kenne. Sie erzählt, dass sie auf dem Weg nach Eu- ropa war, jetzt aber seit zwei Jahren in Algerien feststeckt. Ohne Job, Pass und Geld kommt sie aber weder nach Europa noch zu- rück nach Guinea. «Pastor, Sie müssen mir helfen!», tönt es ver- zweifelt aus dem Telefon und die junge Frau bricht in Tränen aus. Migrantenarbeit statt Auslandeinsatz? Immer mehr Geld wird statt in der Entwicklungszusammen- arbeit in der Migrantenarbeit eingesetzt. Auch Gemeinden in- vestieren ihr «Missionsbudget» zunehmend in die Arbeit mit Flüchtlingen. Leute mit einem Herz für andere Nationen, die sich früher für einen Auslandeinsatz interessiert haben, enga- gieren sich heute unter Migranten in der Nachbarschaft. Das ist einerseits toll, andererseits fehlen sie dann in unseren Ein- satzländern! Natürlich ist es gut und wichtig, dass wir uns in die Arbeit mit Migranten investieren – wir als SAM global tun das beispielsweise seit letztem Jahr mit dem Projekt ProCONNECT und ich engagiere mich auch privat in diesem Bereich. Aber: Es braucht sowohl als auch! Es braucht immer noch Personen, die sich vor Ort investieren, damit die Menschen in unseren Einsatzländern eine Perspekti- ve bekommen und gar nicht mehr versuchen, die gefährliche Reise mit Schleppern nach Europa anzutreten – eine Reise, bei der viele, so wie die junge Guineerin aus der Geschichte oben, auf halber Strecke steckenbleiben. Da die guineische Botschaft ihr keinen Pass für eine Rückreise ausstellen wollte, suchen wir nach wie vor nach einer Lösung für sie. Einige der Flüchtlinge kommen auf ihrer Reise sogar um. Erst kürzlich hat ein Mitarbeiter erzählt, dass ein Jugendlicher, der in der Nähe des Projekts wohnte, kurz vor der Maturaprüfung in Richtung Europa losgezogen und unterwegs gestorben ist: als er versuchte, an einer Tankstelle etwas Geld zu verdienen, erlitt er tödliche Verbrennungen. Solange Leute dieses Risiko auf sich nehmen und ihr Land verlassen, weil sie das Leben dort nicht als lebenswert einstufen und sie keine Perspektive vor Ort haben, ist unsere Arbeit noch nicht beendet. Solange es noch riesige Gebiete gibt, in denen die Menschen nicht wissen, dass es die Möglichkeit der Versöhnung mit Gott und untereinander gibt, ist unser Auftrag noch nicht erfüllt und wir können uns nicht zur Ruhe setzen. Deshalb haben wir als Jah- resthema für 2018 gewählt:

Der unvollendete Auftrag Doch wie packen wir diesen unvollende- ten Auftrag 2018 an? Der Auftrag ist riesig und wir können nicht alles machen. Darum möchten wir uns bewusst darauf konzen- trieren, mit Bildung Leben zu verändern. Wir wollen auf verschiedensten Ebenen Leute aus- und weiterbilden und zwar praktisch und ganzheitlich. Unser Wunsch ist, dass sich Leben nachhaltig verändern, dass Menschen Gott kennenlernen und in ihrer Beziehung zu ihm wachsen dürfen. Wir müssen auch damit rechnen, dass wir langfristig nicht mehr genügend Langzeit- mitarbeitende finden werden. Deshalb haben wir entschieden, dass wir die Teams vor Ort in Zukunft vermehrt mit kürzeren Einsätzen von Fachleuten unterstützen möchten, die ein Anliegen für Entwick- lungszusammenarbeit und die nötige Fachkompetenz haben, aber ihr Heimat- land nicht für eine längere Zeit verlassen können. Auch das funktioniert meist nur dann gut, wenn wir Langzeitmitarbeitende vor Ort haben, die einen solchen Einsatz vorbereiten und begleiten können! So su- chen wir weiterhin intensiv Mitarbeitende und engagieren uns zusammen mit ande- ren Organisationen in einem Studiengang für interkulturelle Arbeit von ISTL (Ausbil- dungszentrum für Theologie und Leiter- schaft): Personen, die sich für einen länger- fristigen Einsatz im Ausland interessieren, werden dort spezifisch dafür ausgebildet und vorbereitet. Fertig?! Noch nicht! Helfen Sie weiter mit, auch 2018 Geschich- te zu schreiben! Ihr Beitrag – ob im Gebet, mit Finanzen oder einem Einsatz vor Ort – wird einen Unterschied machen. Gemein- sam kommen wir so unserem Ziel wieder einen Schritt näher!

Jürg PFISTER, Leiter SAM global

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