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lienpreise in Österreich, der seit dem zweiten Halbjahr 2020 zu beobachten ist, hat sich im zweiten Quartal 2022 fortgesetzt“, heißt es im aktuellen Im­ mobilienmarktbericht. In Wien stiegen die Immobilienpreise im Q2 um 13 Pro­ zent und im restlichen Bundesgebiet um 13,2 Prozent (je im Vorjahresvergleich). Und wer hätte gedacht, dass die stei­ genden Zinsen auch etwas Gutes haben? „Unternehmen spüren vor allem zuneh­ mende Mehrbelastungen bei Baukosten und Zinsen, nachlassende Kaufkraft von Mieter:innen sowie steigende Energie­ preise – die bis zur nächsten Neben­ kostenabrechnung vorfinanziert werden müssen“, fasst eine Konjunkturbefra­ gung des Wirtschaftsforschungsinstituts IW Köln zusammen. In den letzten Jah­ ren haben institutionelle Investor:innen Wohnungen im großen Stil aufgekauft. Wenn dieses Kauffieber nun zurück­ geht, sprich die Nachfrage abnimmt, entspannt das den Markt. Das ist nur gesund: „Am Immobilienmarkt ist der Bedarf noch so groß wie vor Beginn der Krisen. Wenn es gelingt, weitere Kosten­ steigerungen einzudämmen, kann sich die Lage stabilisieren. Die weitere Ent­ wicklung ist schwer vorherzusagen. Aus heutiger Sicht ist eine Seitwärtsbewe­ gung der Branche oder sogar ein leichter Trend nach oben am wahrscheinlichs­ ten“, sagt Michael Voigtländer, Leiter des Kompetenzfelds Finanzmärkte und Immobilienmärkte beim IW Köln. Da­ ran scheint nicht einmal die Energiekrise etwas zu ändern. Die Österreicher:innen wollen derzeit sparen, um die gestiege­ nen Kosten – vor allem bei der Ener­ gie – wettzumachen. Auf eine kleinere Wohnung auszuweichen, kommt für die Allermeisten nicht infrage, wie eine Stu­ die von ImmoScout24 bestätigt. „Nur 2 Prozent denken daran, eine preiswer­

tere Immobilie zu beziehen. Und auch auf den beliebten Zweitwohnsitz will man nicht verzichten. Nur ein Prozent der Befragten wird diesen jetzt aufge­ ben“, heißt es in der Analyse aus dem März. Seither haben sich die Rahmenbe­ dingungen jedoch weiter verändert und könnten vermehrt zu einem Umdenken geführt haben. Sanieren oder Sorglos-Paket Wer seine Wohnung als Anlage kauft, wird sie vermieten müssen, um Ein­ künfte zu generieren und steuerliche Vorteile zu nutzen. Natürlich muss man eine Wohnung zum Zweck der Weiter­ vermietung nicht mit dem Marketing­ mascherl „Vorsorgewohnung“ erwerben. Jede Wohnung kann als solche dienen. Am günstigsten kommt es, wenn man mit ein bisschen Geschick und/oder Controlling-Talent eine gebrauchte Wohnung selbst saniert und sie dann vermietet. Hier greift der alte Spruch der Immobilienkenner:innen: „Im Einkauf liegt der Gewinn.“ Wer vielleicht durch Emotionen geleitet die „schönere“ Woh­ nung kauft oder nicht an die Bedürfnisse zukünftiger Mieter:innen denkt (die sich nicht mit den eigenen decken müssen), gerät in Gefahr, zu viel Geld zu zahlen. Anbieter:innen von Vorsorgewohnun­ gen nehmen einem solche Sorgen ab. Sie kaufen ein Grundstück, errichten darauf eine Immobilie mit mehreren Einheiten, kümmern sich meistens sogar um die Mieter:innen. Das Risiko eines Leerstands wird durch eine zentrale Ver­ waltung minimiert. Das kostet freilich auch. Die durchschnittliche Vorsorge­ wohnung in Wien kam im Jahr 2021 auf 245.000 Euro, weiß man bei EHL. Vom Kaufpreis werden aber auch der Bau­ träger, die Berater:in, die Werbung und

Noch steigt das Angebot an Immobilien. Doch höhe- re Bau- und Finanzierungs- kosten sowie eine sinkende Nachfrage könnten dies bald ändern.

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etzt hat es den Immobiliensektor also auch erwischt. Dabei war er lange unerschütterlich, fast hyperak­ tiv. Nun treffen ihn Inflation, Krieg, Lieferengpässe, Zinssteigerungen und Rohstoffpreise doch so stark, sodass er­ folgsverwöhnte Bauträger, Fonds und Investor:innen so manche Kalkulation neu erstellen müssen. Auch für private Immobilieneigentümer:innen verändert sich der Markt und damit die Möglich­ keit, mit Immobilien Geld zu machen oder ihre Zukunft abzusichern. Beton bleibt Beton Dennoch hat sich an den Grundpfeilern einer Immobilieninvestition wenig ver­ ändert. Betongold ist eine reale, greifbare Investition, die auf zwei Ebenen Rendi­ te erwirtschaften kann: erstens über die eingenommene Miete, zweitens über den Wertzuwachs, der über die Zeit auf dem Papier entsteht und etwa an die nächste Generation weitergereicht oder mittels Verkauf realisiert werden kann. Und die Inflation? Gerade deswegen sind Immo­ bilien eine perfekte Anlage. Durch die Indexanpassung der Mieten an die Infla­ tion ist die Geldentwertung der Eigen­ tümer:in eigentlich egal. Über Umwege

spielt sie dann aber doch eine Rolle. Die Europäische Zentralbank (EZB) ver­ sucht, die Inflation durch Anheben der Zinsen einzudämmen. Das ist ein volks­ wirtschaftlich logischer Schritt, führt al­ lerdings auch dazu, dass die Kreditzinsen für Private und Bauträger steigen. Der Markt reagiert Die Nachfrage sinkt, das Angebot steigt, stellt auch ImmoScout24 fest. Dieses Jahr werden schon weniger Immobilien verkauft als letztes Jahr – im ersten Quar­ tal nachweislich um 3 Prozent weniger, berichtet etwa RE/MAX Austria. Aber das sei noch kein Bimmeln der Alarm­ glocken wert, denn das Niveau, von dem wir sprechen, sei enorm hoch, und auch wenn nun ein Einbruch zu verzeichnen sei, handle es sich heuer immer noch um mehr Transaktionen als in den unmittel­ baren Jahren vor 2021. Keiner Panik be­ darf es auch, wenn man auf das Volumen dieser Transaktionen blickt. Obwohl weniger Immobilien verkauft wurden, ist ihr Wert höher als letztes Jahr – weil eben die einzelnen Objekte mehr kosten. Das bestätigt auch die Oesterreichische Nationalbank. „Der steile Aufwärtstrend im Jahresvergleich der Wohnimmobi­

Heimo Rollett gehört in Immobilienfragen zu den erfahrensten Journalisten des Landes. Er beschäftigt sich seit mehr als zwei Jahrzehn- ten mit der Branche, mit Marktentwicklungen so- wie den wirtschaftlichen und rechtlichen Rah- menbedingungen für das Kaufen und Mieten von Immobilien.

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