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Runter vom Gas NACHHALTIG WOHNEN

Bis spätestens 2040 soll es in Österreich nur noch Heizungen ohne fossile Energieträger geben. Die ambitionierten Ziele für den Klimaschutz und mehr Energieunabhängigkeit sollen auf unterschiedlichen Wegen erreicht werden. VON GISELA GARY S

chon im kommenden Jahr tritt in Österreich das Erneuerbare-Wär­ me-Gesetz (EWG) in Kraft, das die Dekarbonisierung der Raumwärme bis ins Jahr 2040 vorsieht. Noch sind hier­ zulande allerdings rund 500.000 Öl­ heizungen, 80.000 Heizungen mit Koks beziehungsweise Kohle und 840.000 Gasheizungen in Betrieb. Bereits ab dem kommenden Jahr dürfen in Neubauten keine Gasheizungen mehr verbaut wer­ den. Während die Dekarbonisierung der Raumwärme im Neubau damit ein verhältnismäßig leichtes Spiel ist, liegt die Herausforderung im Bestand. Das Klimaschutzministerium (BMK) starte­ te daher 2021 eine Sanierungsoffensive: Der „Raus aus Öl und Gas“-Bonus und der „Sanierungsscheck“ fördern entspre­ chende Maßnahmen mit einem Gesamt­ volumen von 650 Millionen Euro: „Jede Gasheizung, die wir loswerden, ist ein Schritt raus aus der Abhängigkeit von russischem Gas. Jede Wohnung und je­ des Haus, das wir mit nachhaltigen Hei­ zungen warmhalten, macht uns freier und weniger erpressbar“, sagt Klima­ schutzministerin Leonore Gewessler. Thermisch sanieren Langfristig ist eine Voraussetzung für mehr Energieeffizienz in jedem Fall die thermische Sanierung von Immobilien: „Wenn der Energieverlust über die Ge­ bäudehülle minimiert wird, kann das ge­ samte Repertoire technischer Möglich­ keiten ausgenutzt werden“, ist Clemens Hecht, Sprecher der Qualitätsgruppe Wärmedämmsysteme QG überzeugt.

Eine Weiterführung der Sanierungs­ offensive über 2022 hinaus wäre laut Hecht unbedingt erforderlich. Künftige Förderungen sollten ihm zufolge auch Teilsanierungen berücksichtigen, die schrittweise zu einer ganzheitlichen Sa­ nierung beitragen. Der geringere Heizleistungsbedarf durch thermische Sanierungen ist eine Voraussetzung für die Umstellung auf erneuerbare Energien und Niedertem­ peratur-Systeme mit einer geringen Vor­ lauftemperatur (max. 40 Grad Celsius), die einen hohen Wirkungsgrad erzielen. Die Anschaffungskosten richten sich nach der Größe des Wärmeerzeugers: je geringer die Heizlast, umso günstiger und effizienter wird die Heizungsanlage. „Ein Austausch des bestehenden fossilen Wärmeerzeugers ist im Bestand schwer möglich und in den meisten Fällen nicht zielführend, um Ressourcen und Geld­ beutel zu schonen“, so Andreas Rotter, Obmann des Zukunftsforum SHL, ei­ nem Zusammenschluss von Österreichs Installateuren. Eine Studie mit dem Titel „Gebäude­ bestand gasfrei machen“ kommt unter­ dessen zum Schluss, dass aus technischer Sicht keine Gründe vorliegen, die gegen eine Umstellung von Gasheizungen spre­ chen: Mit Fernwärme, Biomasse, Luft­ wärme- und Erdwärmepumpen stünden technologisch ausgereifte Systeme zur Verfügung, schreiben Renate Hammer und Peter Holzer vom Institute of Buil­ ding Research & Innovation in ihrer Untersuchung.

ALTERNATIVE HEIZSYSTEME IM ÜBERBLICK

WÄRMEPUMPEN sind hocheffizient, tech- nisch ausgereift und nutzen die in Luft, Erd- reich oder Grundwasser gespeicherte Son- nenenergie. Um 100 Prozent Heizwärme zu erzeugen, braucht man etwa 25 Prozent elek- trische Antriebsenergie. Wärmepumpen wer- den vor allem in Kombination mit Fußboden-, Wand- oder Deckenheizungen empfohlen. Je niedriger die Vorlauftemperatur, desto ef- fizienter ist die Wärmepumpe. Grundwasser-Wärmepumpen sind wegen der konstanten und hohen Temperatur des Grundwassers besonders effizient. Die Um- setzbarkeit und die Investitionskosten hän- gen von den örtlichen Gegebenheiten wie Grundwasserspiegel, Wasserqualität und Ge- nehmigungsverfahren ab.

NAHWÄRME/FERNWÄRME 100 Prozent Verfügbarkeit, keine Kosten für Service und Wartung, kein Heizkessel. Da- für ist man von einem einzigen Lieferanten abhängig. BIOMASSE UND PELLETS Biomasseheizungen sind empfehlenswert, wenn es um hohe Heizungs-Vorlauftempe- raturen und großen Energieverbrauch geht. Aber: Holz ist nicht unbegrenzt verfügbar. SOLARTHERMIE Kollektoren wandeln die Strahlen der Sonne in Energie um, die durch ein Rohrsystem in einen Speicher geleitet werden. Das Warm- wasser- und Heizsystem des Hauses greift bei Bedarf auf den Speicher zurück. PHOTOVOLTAIK MIT WÄRMEPUMPEN ODER INFRAROTHEIZUNG Photovoltaik wandelt Sonnenenergie mit- tels Solarzellen in elektrische Energie um. In Kombination mit strombetriebenen Wärme- erzeugern wie Wärmepumpen oder Infra- rotheizungen lassen sich so die Stromkosten gegenüber dem Bezug aus dem Netz deut- lich reduzieren.

Gisela Gary ist selbstständige Journalistin, Chefredakteurin von „WohnenPlus“ und Autorin diverser Fachzeitschriften mit Schwerpunkt auf Architektur, Bauen und Immobilien.

Erdreich-Wärmepumpen arbeiten dank Erd- sonde oder Flachkollektor sehr effizient.

Außenluft-Wärmepumpen sind kostengüns- tig und werden insbesondere im Neubau so- wie bei sehr guten Sanierungen empfohlen. Vor allem bei Sanierungen muss der Strom- verbrauch beachtet werden.

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