Das mediale Umfeld junger Menschen

Programmieren schon im Kindesalter. Seitdem das Programmieren als prüfungsrelevant im japanischen Schulplan gilt, werden seine Kurse vermehrt als Nachhilfe genutzt, nicht mehr als freiwilliges Freizeitangebot. Dies zerstöre die Kreativität, so Tomohiro Ueno. Freiwilligkeit und Partizipation spielen durchaus bei Ganztagsangeboten eine Rolle. Der 15. Kinder- und Jugendbericht der Bundesregierung stellt fest, dass junge Menschen, die solche Angebote nutzen, tendenziell zufriedener sind, weil sie aktiv mitgestalten können. Für diejenigen, die aber aufgrund ihrer familiären Situation oder schulischer Vorgaben gezwungen sind, die Ganztagsschule zu besuchen, kann der Schultag jedoch schnell zur Belastung werden. Die Ver- dichtung des Schulalltags führt dann zu einer stärkeren Fremdbestimmung und nimmt den Schüler*innen die Möglichkeit, ihre Freizeit und Bildung selbst zu gestalten (vgl. BMFSFJ 2017, S. 353). Dabei sollte dieser Demokratisie- rungsprozess der Schule 3 nicht an außerschulische Träger ausgelagert werden. Das greift als eine Systemkritik zu kurz und bildet eine kaum umsetzbare Aufgabe mit wenig Selbstverantwortung seitens des Schulsystems selbst. Außerdem zeigt die empirische Untersuchung, dass sich fast 30 Prozent der Ganztagsschulen inhaltlich kaum von traditionellen Halbtagsschulen unterscheiden. Diese Schulen haben nicht notwendigerweise substanzielle Verände- rungen in ihrer Organisation oder Konzeption vorgenommen. Daher bleibt offen, inwieweit diese Ganztagsschulen tatsächlich neue oder zusätzliche Bildungsangebote im Vergleich zu herkömmlichen Schulen bieten können (vgl. ebd., S. 343). 2. Die Einschränkung von Freiräumen und außerschulischen Aktivitäten sowie Gefährdung des Ehren- amts Kinder und Jugendliche benötigen Zeit außerhalb des institutionalisierten Rahmens, um ihren eigenen Interessen nachzugehen und sich ohne den Druck von Leistungsanforderungen zu entfalten (vgl. Landesjugendring NRW 2019, S. 1). Diese Freiräume sind notwendig für Selbstbildungsprozesse, in denen Kinder und Jugendliche eigenständig ler- nen und sich individuell entwickeln können. Der Hessische Jugendring (2022) hebt hervor, dass viele Kinder aufgrund der Ganztagsbetreuung weniger Zeit für außerschulische Aktivitäten haben, die für ihre persönliche Entwicklung von großer Bedeutung sind. Besonders das Ehrenamt und Angebote der Jugend(verbands)arbeit, die traditionell außer- halb der Schule stattfinden, sind hiervon betroffen. Soziale Kontakte und Aktivitäten, die in Jugendverbänden gepflegt werden, kommen zu kurz. Das Ehrenamt spielt eine wesentliche Rolle in der Jugendverbandsarbeit. Viele Jugendliche engagieren sich freiwillig, um Verantwortung zu übernehmen und gesellschaftliche Teilhabe zu erfahren. Ehrenamt trägt zur Persönlichkeits- entwicklung bei und fördert demokratisches Handeln. Die Einführung der Ganztagsschule gefährdet jedoch das ehrenamtliche Engagement junger Menschen. Jugendliche, die nach einem langen Schultag kaum noch Zeit haben, können das Interesse an zusätzlichen ehrenamtlichen Aufgaben oder der Teilnahme an Gruppenstunden verlieren (vgl. Landesjugendring Schleswig-Holstein 2019, S. 3; Kinder- und Jugendring Sachsen 2023, S. 13), was langfristig ne- gative Auswirkungen auf die Zivilgesellschaft haben könnte. Das heißt, dass schulfreie Zeiten erhalten bleiben müssen. Dies betrifft auch die Ferien. Jugendarbeit bietet dabei in dieser Zeit wertvolle Erholungs- und Freizeitmöglichkeiten, die für die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen unerlässlich sind. Daher muss sichergestellt werden, dass Feri- enangebote von Jugendverbänden weiterhin unabhängig und ausreichend finanziert zur Verfügung stehen (vgl. u. a. DBJR 2024) und damit die Ferien ein zentraler Zeitraum für die Jugendarbeit bleiben. Die tatsächlichen Auswirkungen auf außerschulische Aktivitäten und Peerkontakte sind bisher wenig eindeutig. Stu- dien zeigen gemischte Ergebnisse: Einerseits gibt es Hinweise auf eine geringere Einbindung in außerschulische Aktivitäten, andererseits zeigen einige Untersuchungen, dass Ganztagsschulen neue Freundschaften fördern und eine größere Unterstützung unter den Schüler*innen ermöglichen können (vgl. BMFSFJ 2017, S. 348).

————————————— 3 Wie ein Fachaustausch des DBJR 2023 lautete: „Demokratisierung von Schule. Aufgabe von Jugendverbandsarbeit?“.

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