Das mediale Umfeld junger Menschen

Disziplin und Fleiß, Höflichkeit, Respekt und Rücksichtnahme sind Tugenden, die in der japanischen Gesellschaft schon früh vermittelt werden. Sei es geprägt durch traditionelle Erziehung in der Familie, denn Kinder werden nicht selten mit von ihren Großeltern erzogen, da die Arbeitszeiten der Eltern sehr lang sind und sie betreut werden müssen. Oder das japanische Schulsystem mit seinen strengen Regeln, in dem eher die kollektiven als individualistischen Erziehungs- stile vorherrschen, sowie der Alltag von hohem Leistungsdruck, zusätzlichen Jukus (Nachhilfeschulen), und ständigem Prüfungsstress geprägt ist. Doch dass in der japanischen Grundschule schon in einem positiven Sinne durch das Er- lernen von Regeln das Verantwortungsbewusstsein gestärkt wird, zeigt uns Ema Ryan Yamazakis Dokumentarfilm „The Making of a Japanese“ (2023). Wir begegneten im Awaji Youth Center, wo wir am zweiten Ort unseres Aufenthaltes untergebracht waren, in den langen, nicht enden wollenden Fluren Schüler*innen, die an den Outdoor-Programmen, teilnahmen. Sie waren manchmal mit Schaufel und Besen anzutreffen und machten ihre Zimmer und Flure sauber. Yamazakis Film begleitet Grundschüler einer öffentlichen Grundschule in einem Vorort von Tokio bei ihrem Schulalltag von der ersten bis zur sechsten Klasse. Die Sechstklässler geben den jüngeren Kindern Essen aus, sie leiten die Rund- funkabteilung der Schule, um Ansagen zu machen, sie betreuen die Bibliothek, füllen Handseife in den Waschbecken auf, denken sich Slogans zur Stärkung der Moral aus und helfen Erstklässlern, wenn diese in Schwierigkeiten sind. Durch das sogenannte „O-Soji“ – die Klasse zu Putzen - lernen die Kinder ihre Umgebung zu respektieren. Viele Schulen bieten diese Art der Interaktion zwischen der oberen und unteren Klasse an, weil es so viele Hitorikko (Einzelkinder) gibt, die weniger von Geschwistern lernen (vgl. Brightvibes, 11.22.2022). Die drei Perspektiven Wer ist nun verantwortlich für die Medienerziehung? In Japan wie in Deutschland sind die Eltern besorgt. Ob Kontroll- Apps, die in Japan meist vom Handyhersteller beim Kauf auf dem Handy installiert werden oder in Deutschland als Apps zur eigenen Installation zur Verfügung stehen, wirklich ihre Kinder schützen oder ein Austausch, der sie an Ent- scheidungen partizipieren lässt, wichtiger ist… Medienerziehung sollte Kinder unterstützen, mit Medien so umzugehen, dass sie ihnen nicht nur schaden, sondern sie auch positive Erfahrungen mit ihnen machen. Eltern könn- ten sich mehr Zeit nehmen, um mit dem Kind gemeinsam Aktivitäten in der Natur zu erleben, oder ihm die Möglichkeit zu geben, dass es sich mit anderen Kindern an einem „Safe Space“ zurückzuzieht, wie z.B. ein Bolzplatz ohne es gleich aus Sorge auf dem Smartphone zu tracken. Gemeinsam ein Computerspiel zu spielen, die neue Technik zu nutzen etwas Kreatives zu gestalten oder Roboter zum Laufen zu bringen, kann beiden Parteien Spaß bringen und ein Ver- stehen der jeweiligen Perspektive des anderen erleichtern. Kinder sollten ihre Wünsche äußern dürfen, was zu einem gemeinsamen Verständnis beitragen kann, so wie in den „Gipfeltreffen“ der Forschungsgruppe „Social Media Association“. In Japan wird in der frühkindlichen Erziehung dem Kind viel Freiraum geboten, in dem es sich ausleben darf und seine Bedürfnisse wahrgenommen werden. Das ändert sich jedoch, wenn es in die Schule kommt und die Individualität keine so große Rolle mehr spielt. Lehrer*innen sind dem strengen System Schule genauso untergeordnet wie die Kinder den vielen Regeln und dem hohen Leistungsdruck. Sie tragen eine hohe Verantwortung. Einerseits müssen sie selber die neue digitale Technik erlernen, um sie im Unterricht mit den Kindern einzusetzen oder ihnen zu erklären. Andererseits müssen sie Verhal- tensveränderungen eines Kindes wahrnehmen, wenn es von Ausgrenzung betroffen ist. Wenn diese übers Internet stattfindet und nicht auf dem Schulhof beobachtet werden kann, wird die Verantwortung noch größer. Safe Space – Maker Space, eine Welt ohne Gefahren Es gibt Kinder, die sich nicht mit anderen Kindern auf dem Bolzplatz treffen, weil sie andere Interessen haben. Sie werden manchmal von den anderen „Nerds“ genannt, ihre Begeisterung für Mathematik und ihre Computerfähigkei- ten beeindruckt die Gruppe oft nur wenig. Soziale Räume zu schaffen, wo sie wiederum ihre Peergroup treffen und mit dem Computer gestalterisch etwas produzieren und nicht nur Medien konsumieren, kann auch wie der „Safe

31

Made with FlippingBook - Online catalogs