Das mediale Umfeld junger Menschen

Durkheim argumentiert, dass Selbstmord eine Folge von sozialen Umständen ist, die das Individuum betreffen. Durch die Analyse statistischer Daten versuchte er, systematische Muster zu erkennen und sie auf gesellschaftliche Struktu- ren zurückzuführen. Dabei entwickelte er eine Typologie von vier verschiedenen Arten von Selbstmord, die alle mit dem Grad der sozialen Integration und der moralischen Regulierung in der Gesellschaft zusammenhängen: 1. Egoistischer Selbstmord : Dieser tritt auf, wenn die soziale Integration eines Individuums gering ist. Menschen, die wenig in soziale Gruppen eingebunden sind, erfahren ein Gefühl von Isolation und Sinnlosigkeit, was zu einem höhe- ren Risiko führt, sich das Leben zu nehmen. Durkheim sah dies vor allem in modernen Gesellschaften, in denen Individualismus stark betont wird. 2. Altruistischer Selbstmord : Im Gegensatz dazu steht der altruistische Selbstmord, der auftritt, wenn die soziale Integration so stark ist, dass das Individuum bereit ist, sein Leben für das Wohl der Gemeinschaft zu opfern. Dies findet sich beispielsweise in traditionellen Gesellschaften, wo kollektive Interessen über die individuellen Bedürfnisse gestellt werden, oder in extremen Fällen wie religiösen Sekten. 3. Anomischer Selbstmord : Dieser Typus tritt auf, wenn es in der Gesellschaft an moralischer Regulation fehlt, meist in Zeiten des wirtschaftlichen oder sozialen Umbruchs. Wenn gesellschaftliche Normen unklar oder instabil werden, fühlen sich Menschen orientierungslos (Anomie), was das Risiko für Selbstmord erhöht. Durkheim stellte fest, dass Selbstmordraten während wirtschaftlicher Krisen, aber auch in Zeiten des schnellen Wohlstandsanstiegs, zunehmen. 4. Fatalistischer Selbstmord : Dieser selten diskutierte Typus tritt auf, wenn die moralische Regulierung extrem hoch ist und das Individuum das Gefühl hat, dass sein Leben durch strikte Regeln und Vorschriften unerträglich wird. Bei- spiele könnten in repressiven gesellschaftlichen Strukturen oder unter stark autoritären Regimen zu finden sein. Durkheim nutzte statistische Daten aus verschiedenen Ländern und analysierte diese in Bezug auf Faktoren wie Reli- gion, Familienstruktur und wirtschaftliche Bedingungen. Er fand heraus, dass Selbstmordraten bei Protestanten höher waren als bei Katholiken und Juden, was er auf die geringere soziale Integration in protestantischen Gemeinschaften zurückführte. Zudem stellte er fest, dass verheiratete Menschen und solche mit Kindern seltener Suizid begehen als unverheiratete und kinderlose Personen. Durkheim kommt zu dem Schluss, dass Selbstmord kein rein individuelles, sondern ein soziales Phänomen ist, das durch das Maß an sozialer Integration und moralischer Regulation in der Gesellschaft beeinflusst wird. Soziale Struk- turen und gesellschaftliche Normen beeinflussen demnach das individuelle Verhalten tiefgreifend.

Von Nägeln und Menschen

In der japanischen Gesellschaft – oft im Zusammenhang mit den Bildungsinstitutionen – begegnet einem häufig das Sprichwort: "Der herausstehende Nagel wird zurückgeschlagen" („ 出る釘は打たれる “ oder „ 出る杭は打たれる “). Es be- schreibt die kulturelle Tendenz in Japan, Konformität zu bevorzugen und Abweichung oder Individualität zu

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