Das mediale Umfeld junger Menschen

sanktionieren 12 . Es verweist darauf, dass diejenigen, die sich von der Gruppe abheben oder versuchen, anders zu sein, oft kritisiert oder zur Anpassung gedrängt werden. Neben der Gruppenkonformität zielt dieses Sprichwort vor allem auf das erwartbare Verhalten einer Person, d.h. individuelles oder gruppenabweichendes Verhalten kann toleriert werden, wenn es von der Person erwartet werden kann und keine übermäßige Überraschung darstellt. Dies stellt aber gerade für Jugendliche und junge Erwachsene ein Problem dar, da sie häufig noch auf der Suche nach ihrer Persön- lichkeit, ihren Vorlieben und Abneigungen und ihrem individuellen Stil sind. Die Persönlichkeiten sind in dieser Phase fluide und verschiedene Interessen und Handlungsweisen werden ausprobiert und wieder verworfen. Das Sprichwort symbolisiert den sozialen Druck in der japanischen Gesellschaft, sich anzupassen und in der Gruppe nicht negativ aufzufallen. Historisch und kulturell ist Japan stark von kollektivistischen Werten geprägt, in denen das Wohl der Gruppe oft über dem des Individuums steht. In einer solchen Gesellschaft wird oft erwartet, dass sich Ein- zelpersonen den Normen und Erwartungen der Gemeinschaft unterordnen, um Harmonie und Stabilität zu wahren. Für junge Menschen in Japan bedeutet dieses Sprichwort, dass der soziale Druck, sich anzupassen und nicht aufzufal- len, erheblich ist. Dieser Druck kann sich in verschiedenen Bereichen manifestieren. Das japanische Bildungssystem legt großen Wert auf Disziplin, Gehorsam und die Einhaltung von Regeln. Schüler, die sich durch ihr Verhalten, ihre Meinungen oder ihr Erscheinungsbild von anderen abheben, können auf Ablehnung stoßen oder unter Druck gesetzt werden, sich der Mehrheit anzupassen. Dies kann zu einem Gefühl der Unterdrückung individueller Kreativität und der Angst vor sozialer Ausgrenzung führen. In der Arbeitswelt wird von jungen Berufseinsteigern oft erwartet, dass sie sich den etablierten Strukturen und Hie- rarchien unterordnen. Innovative Ideen oder unkonventionelles Verhalten könnten als störend empfunden und von Vorgesetzten oder Kolleg*innen negativ bewertet werden. Dies kann dazu führen, dass junge Menschen ihre eigenen Ansichten und Ambitionen zurückstellen, um Konflikte zu vermeiden und beruflich voranzukommen. Auch im sozialen Leben kann dieses Sprichwort eine wichtige Rolle spielen. Junge Menschen, die ihre eigenen Interes- sen und Identitäten entwickeln möchten, stehen vor der Herausforderung, den Balanceakt zwischen Selbstverwirklichung und sozialer Akzeptanz zu meistern. Der Druck, nicht aus der Reihe zu tanzen, kann dazu führen, dass sie sich in ihrer persönlichen Entwicklung eingeschränkt fühlen. Obwohl das Sprichwort oft negativ interpretiert wird, kann es auch positive Aspekte haben, insbesondere in Bezug auf den Erhalt sozialer Harmonie und Gemeinschaft. In einer stark kollektivistischen Gesellschaft kann die Betonung von Konformität dazu beitragen, Konflikte zu minimieren und ein starkes Gemeinschaftsgefühl zu fördern. Auf der anderen Seite kann dieser Druck zur Anpassung auch negative Folgen haben, wie die Unterdrückung indivi- dueller Talente, Meinungen und Innovationen. Junge Menschen können das Gefühl haben, dass sie sich selbst verleugnen müssen, um akzeptiert zu werden, was zu inneren Konflikten, Stress und sogar zu psychischen Problemen führen kann. Das Sprichwort „Der herausstehende Nagel wird zurückgeschlagen“ spiegelt die komplexen Dynamiken der japani- schen Gesellschaft wider, in der Konformität zumindest nach außen hoch geschätzt wird und die eben auch zur Unterdrückung von Individualität beitragen kann. Für junge Menschen in Japan ist es ein Ausdruck der sozialen Anfor- derungen, einen Weg zwischen Anpassung und Selbstverwirklichung zu finden. Bei Hana Kimura kommen verschiedene Aspekte zusammen, die in der japanischen Gesellschaft für Irritationen ge- sorgt haben könnten. 2014 lag der Ausländeranteil der japanischen Bevölkerung bei lediglich 2%, die meisten Menschen kamen aus anderen asiatischen Ländern wie China, Vietnam oder Südkorea. Die japanische Kultur mit ihren vielen ungeschriebenen Codes und Verhaltensregeln erschwert die Integration von Menschen aus anderen Kulturkrei- sen und auch wenn Hana Kimura in Japan geboren und aufgewachsen ist, wurde sie offenbar als anders wahrgenommen und gehörte vielfach nicht dazu.

————————————— 12 Ähnliche Sprichworte, die auf ein erwartbares Verhalten der Individuen abzielen, gibt es in vielen Gesellschaften, in Deutschland z.B. “Schuster bleib bei deinen Leisten”.

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