die Sozialen Medien und die dadurch aufgezwungenen Einblicke in ein Umfeld, das sie erneut, wie damals in der Schule, abstraft, kritisiert und ablehnt, hat sie an ihre Grenzen gebracht. Vermutlich hat Hana Kimura in der Nacht ihres Selbstmordes für sich keine Möglichkeit mehr gesehen, sich weiter anzupassen oder sich der Konfrontation zu stellen. Es gibt Methoden und Maßnahmen – Achtsamkeit oder Resilienz – die ein Individuum mental und psychisch stärken können, so dass es mit Schicksalsschlägen oder Minderwertigkeitsgefühlen besser umgehen kann, diese ha- ben aber nur eine begrenzte Reichweite. Achtsamkeit und Resilienz Achtsamkeit und Resilienz sind eng miteinander verbundene Konzepte, die darauf abzielen, das psychische Wohlbe- finden zu stärken. Achtsamkeit bezieht sich auf die bewusste und nicht-wertende Wahrnehmung des gegenwärtigen Moments. Diese Praxis, die ihren Ursprung in buddhistischen Traditionen hat, wird häufig durch Meditation, Atem- übungen und gezielte Aufmerksamkeitsschulungen gefördert. Ziel ist es, den Geist zu beruhigen, Stress abzubauen und eine tiefere Verbindung zum eigenen Selbst herzustellen. Resilienz hingegen beschreibt die Fähigkeit, sich von Rückschlägen, Stress oder traumatischen Erlebnissen zu erholen und gestärkt daraus hervorzugehen. Sie basiert auf inneren Ressourcen wie Optimismus, Flexibilität und Selbstwirk- samkeit, die durch Achtsamkeitstechniken gestärkt werden können. Methoden zur Förderung der Resilienz umfassen kognitive Verhaltenstherapie, soziale Unterstützungssysteme und gezielte Übungen zur Förderung positiver Denk- muster. Auch in Japan spielen Achtsamkeit und Resilienz eine zunehmende Rolle. Angesichts des hohen Leistungsdrucks und der kulturellen Betonung von Harmonie und Anpassung können diese Konzepte helfen, individuellen Stress abzu- bauen und die psychische Gesundheit zu fördern. Achtsamkeit bietet den Menschen eine Möglichkeit, sich im hektischen Alltag zu erden und sich selbst besser zu verstehen, während Resilienz ihnen hilft, mit den oft rigiden ge- sellschaftlichen Erwartungen und potenziellen Rückschlägen im Berufs- und Privatleben besser umzugehen. Insbesondere in Zeiten sozialer und wirtschaftlicher Unsicherheit gewinnen diese Fähigkeiten an Bedeutung, da sie den Menschen helfen können, ein Gleichgewicht zwischen persönlichem Wohlbefinden und gesellschaftlichen Anfor- derungen zu finden. Beide Konzepte zielen auf die Eigeninitiative der Individuen und verlangen, dass sie, gestützt durch Meditation und kognitive Verhaltensanpassung lernen, auch in ungünstigen Bedingungen einen positiven Blick auf das eigene Leben haben. Es geht darum, so kann man kritisch sagen, ungenügenden Strukturen noch etwas Positives abzugewinnen, anstatt sie zu verändern. Hier kommt das Individuum an seine/ihre Grenzen. Gerade in schweren Phasen des Lebens, in denen man an den gesellschaftlichen Strukturen und Bedingungen zerbricht, können die Konzepte der Achtsamkeit und Resilienz weiteren Druck aufbauen. Das Scheitern an den sozialen Rahmenbedingungen wird so zum Scheitern des Individuums, das es nicht geschafft hat – das mental nicht stark genug war – es auszuhalten. Sie suggerieren, dass allein ein anderer Blick auf die Dinge, eine andere Interpretation oder eine andere Herangehensweise viele Probleme lösen können. So bleiben grundlegende strukturelle Schwierigkeiten, wie überkommene Traditionen, dysfunktionale Verwaltungen und Arbeitsbedingungen, statische Rollenbilder etc. unbeachtet und ungelöst. Achtsamkeit und Resili- enz aber sind nichts ohne die Möglichkeit, die eigenen Lebensumstände so gestalten zu können, ein gelingendes Leben führen zu können. Dazu braucht es eine Form der Ermächtigung, sowohl über Formen des Umgangs als auch über konstituierende Strukturen in sozial vermittelbarer Art und Weise bestimmen zu können.
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