Digitale Projekte in der Internationalen Jugendarbeit

de gar nicht oder nur zu bestimmten Online-Terminen erscheinen oder bei einem Online-Termin Kamera und Mikrofon ausschalten und sich auf diese Weise „aus- klinken“. Auch die Einbindung von scheinbar jugend- affinen Kommunikationskanälen ist nicht zwingend mit einer aktiveren Beteiligung verbunden. Beispielsweise wurde in einem Projekt ein WhatsApp-Kanal für den Austausch eingerichtet, der aber von den Teilnehmen- den kaum genutzt wurde. Eine ausbleibende Beteili- gung wirkt sich in Online-Settings aber wiederum auf die Motivation aktiver Teilnehmender aus. Dies formu- liert eine Teilnehmerin wie folgt: „And I also found confusing that the participant‘s number changed on the country A side so much, because I felt like, okay, why shall I get to know you if there‘s a possibility that you won‘t be there when we really meet? Or we might not really work toge - ther, why shall I like put the energy into it?” (Teilneh - merin, Gruppendiskussion) Eine ansprechende Gestaltung und Strukturierung er- scheinen hier wichtig, um eine aktive Beteiligung der Jugendlichen zu befördern. Daher sollten interaktive und abwechslungsreiche Methoden eingesetzt wer- den, die auf den aktiven Austausch zwischen den Teil- nehmenden sowohl während einer Online-Session als auch zwischen einzelnen Terminen abzielen. 3.3 Kommunikation und Begegnung Das Forschungsteam ging bezüglich der Kommunika- tion und Begegnung im Online-Setting folgenden Fra- gen nach: • Inwiefern wird die Chance, dass der Einsatz von Online-Tools niedrigschwellige Einblicke in indivi- duelle Lebensweisen ermöglicht, in den Projekten genutzt? • Inwiefern bestätigen sich diskutierte Herausforde- rungen, wie etwa das erschwerte Kennenlernen der Partnerkultur im Online-Setting? • Wie gestalten sich der informelle Austausch sowie gruppendynamische Prozesse im Online-Setting? • Inwiefern gelingt die Kommunikation zwischen den Jugendlichen? Der Einsatz von Online-Tools bei digitalen Projekten ermöglichte in einigen der Projekte niedrigschwelli - ge Einblicke in individuelle Lebensweisen der Teil - nehmenden. Konkret wurden die Lebensrealitäten in kurzen Vorstellungsvideos sichtbar, in denen die Teil-

nehmenden sich selbst und ihren Alltag vorstellten. Neben diesen vorproduzierten Videos gaben manche Teilnehmende live mithilfe ihrer Kamera einen Einblick in ihre Wohnung oder zeigten durch einen digitalen Blick aus ihrem Fenster ihre Straße und Nachbarschaft. Hierdurch konnten die anderen Teilnehmenden einen Eindruck von der Lebenswelt der Jugendlichen be- kommen, ohne an einen anderen Ort reisen zu müssen. Bei der Mehrheit der Projekte standen aber weniger die individuellen Lebensrealitäten der Teilnehmenden als spezifische Aspekte der jeweiligen Partnerländer im Vordergrund (beispielsweise Kulinarik, Traditionen etc.). Es wurde also deutlich, dass die Länderneutra- lität eines Online-Raums nicht unbedingt für eine Fo- kusverschiebung auf individuelle Unterschiede und Gemeinsamkeiten sorgt. Dies wurde als Potenzial im Vorfeld diskutiert. Darüber hinaus konnte herausgefunden werden, dass die Partnerkultur im Online-Setting extra ver - mittelt werden muss. Als Gründe konnten hierfür ein geringerer länderübergreifender Austausch sowie feh- lendes unmittelbares Erleben der Partnerkultur festge- stellt werden. Deutlich wurde dies bei hybriden Treffen, bei denen Gruppen in beiden Ländern digitalzusam- mengeschaltet wurden. Gerade in diesem Setting er- scheint es herausfordernd zu sein, die Online-Phase so zu gestalten, dass ein tatsächlicher Austausch zwi- schen den Gruppen entsteht und nicht nur in monona- tionalen Gruppen gearbeitet wird. Doch nicht nur das Kennenlernen der Partnerkultur, auch der informelle Austausch sowie gruppendyna - mische Prozesse laufen im Online-Setting anders ab, was bei der Gestaltung eines digitalen Projekts berücksichtigt werden muss. So geben manche Be- fragten an, dass eine zu große Vorstrukturiertheit der Projekte dazu führen kann, dass der informelle Aus- tausch auf der Strecke bleibt. Sie berichten von einem zu starken Fokus auf inhaltliche Aspekte sowie zu we- nig Zeit, in denen informelle Gespräche stattfinden können. Als Verbesserungsvorschläge geben die in- terviewten Teamer*innen und Teilnehmenden folgende Punkte an: • Durchführung von Offline-Begegnungen am An - fang und am Ende einer Maßnahme, um in in- formellen Momenten bereits zu Beginn einen Eindruck von den anderen Teilnehmenden zu be- kommen • häufigere Arbeit in Kleingruppen • mehr auflockernde Aktivitäten

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