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DOGS today

Verhalten

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M anipulation ist ein undurchschaubares, ge- schicktes Vorgehen, mit dem sich jemand einen Vorteil verschafft und/oder etwas Be- gehrtes gewinnt. So steht es im Internet zu lesen. Ich bin kein Freund davon, in der Mensch-Hund-Beziehung von Manipulation zu sprechen – das ist mir ein wenig zu vorsätzlich, klingt mir ein bisschen zu negativ. Denn es geht nicht darum, sich in unser menschliches Herz einzunisten, um sich dann Vorteile zu verschaffen. Es ge- schieht einfach und, klar, am Ende muss man sehen, wer wen bewegt. Aber solange es weder nervt noch stört, ist doch alles tutti, oder? Ich plaudere mal ein wenig aus dem Nähkäst- chen, denn auch wir Hundetrainer (jedenfalls ich) sind nicht davor gefeit, uns von unseren Hunden um die Pfoten wickeln zu lassen. Vor gut elf Jahren zog Maru, mein Catahoula-Leopard-Dog (bitte nicht nachmachen, die Tierheime sind voll genug) bei uns ein. Er hat mein durchaus sehr klares und gewiss auch kompetentes Hun- debesitzerleben absolut umgekrempelt: Ich habe einen im Ehebett schlafenden, ständig nach Essen fordernden Begleiter (nicht mein Mann Ralf!), der, wenn er nur ein- mal merkwürdig schaut oder schief auftritt, sofort eine körperliche Rundum-Untersuchung, aka Betüddelung, erhält. Möchte Mr. Maru Aufmerksamkeit, dann braucht er nur kurz aufzuautschen oder zu schmatzen, schon bin ich parat. Helikopter-Frauchen? Iiiich? Niemals! Natür- lich macht das etwas mit dem Hund und vor allem auch mit der Mensch-Hund-Beziehung. Hunde lernen, dass es von uns Reaktionen auf diverse Verhaltensweisen gibt. Und wir machen mit, oftmals, ohne es zu merken. Wohl- gemerkt: Es gehören immer zwei dazu. Einer, der be- nutzt oder zu benutzen versucht und der andere, der mitmacht, ob bewusst oder unbewusst. Dabei kann man unterscheiden: Ist es „Manipula- tion“ oder einfach nur (versehentlich) beigebracht? Ein klassisches Beispiel für Ersteres: Während Sie auf dem Sofa fernsehen, liegt Ihr Vierbeiner in seinem Körb- chen – und guckt. Na ja, eigentlich wäre ja noch ein wenig Platz auf der Couch und ein bisschen schmusen nach dem anstrengenden Tag, heute ist Barry sowieso ein wenig zu kurz gekommen ... Na gut, fünf Minuten und nur auf der extra Hundedecke. Zack, da hat Barry mal kurz etwas vermerkt in seinem imaginären Notiz- block: „Lieb gucken und den Kopf schiefhalten bringt was. Geht doch.“ Der Hund merkt, dass er durch sein Handeln Erfolg hat und wir als Menschen aktiv reagie- ren. Versehentlich beigebracht dagegen sind Dinge, die

››Aha, Aufmerksamkeit, funktioniert. Und schon befinden wir uns in einem Hamsterrad des Sich- bewegen-Lassens – meist ohne es zu bemerken‹‹

wir gar nicht wahrnehmen und die sich allmählich ent- wickeln. Etwa, wenn der Hund im Weg liegt und wir mit einem vollen Tablett über ihn hinwegsteigen. Das macht der Hund nicht unbedingt absichtlich, aber es kann dar- aus ein „Oh, man nimmt Rücksicht auf mich“ entstehen. Oder Sie gehen mit Ihrer Begleitung spazieren und er drängt sich zwischen Sie, um – aus seiner Sicht – Prä- senz zu zeigen (es kann auch aus Unsicherheit sein, das zu unterscheiden braucht Know-how). Sie finden das klasse oder merken es erst gar nicht. Er hingegen ist nun im Mittelpunkt, was durchaus Einfluss auf viele weitere kleine Bausteinchen des Zusammenlebens haben kann. Verhalten entwickelt sich. Unsere Vierbeiner haben Zeit, uns zu beobachten, erkennen unsere Schwachstellen respektive Nachgiebigkeiten und versuchen diese zu ih- rem Vorteil zu nutzen – wie viele Menschen auch. Sie suchen nach Grenzen und prüfen, ob wir integer sind. Wenn jemand Erfolg mit seinem Tun hat, das ihm Spaß bringt, wiederholt er das natürlich. Es gibt unzählige Beispiele, in denen Sie sich auch wiederfinden werden. Kennen Sie das, dass Sie auf dem Trainingsplatz das perfekte „Fuß“ üben? Keks in die Hand und schon läuft Beppo wie ein Zirkuspferdchen neben Ihnen. Und ja, wir sind absolut der Meinung, dass wir unserem Hund das „Fuß“ beibringen. Allerdings könnte man es auch aus einer anderen Perspektive betrachten – und einen fordernden Hund sehen, der ein Programm abspult, das wir bedienen. Am Ende ist es

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