Unterwegs
3. 2022
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dem die Dachziegel in verschiedenen Farben arrangiert sind. Hier ist das Gedränge sehr dicht, nicht zuletzt we- gen der vielen kleine Souvenirläden, in denen die Touris- ten doch noch ihrer Einkaufswut frönen können. Uns wird es zu eng und fein genug fühlen wir uns auch nicht, um uns hier auf dem Präsentierteller niederzulassen. Zeit, das Weite zu suchen! Ein paar Straßen entfernt finden wir ein gemütliches Café, das besser zu uns passt. Auch Han- nah ist dankbar über die kleine Pause vom Trubel um sie herum. Sie kugelt sich zu meinen Füßen ein und freut sich über die angebotene Wasserschale. Nach der Stär- kung machen wir uns auf in Richtung Donauufer. Auf dem Weg dorthin werfen wir noch einen Blick auf die St.-Ruprecht-Kirche, die im 12. Jahrhundert erbaut, aber schon früher erwähnt wurde und die älteste Kirche Wiens ist. Sie befindet sich etwas oberhalb des Schwedenplatzes – ein unscheinbares Gebäude, das man gut übersehen kann, wenn man nichts von seiner Existenz ahnt. Beein- druckt von diesem Bauwerk, das so viele Jahrhunderte hier überdauert hat, setzen wir unseren Weg fort Rich- tung Wiener Prater. Der Tag neigt sich langsam dem Ende zu, als wir die Donau an der Marienbrücke überqueren. Am anderen Ufer angelangt, werden wir von den Tönen einiger Straßenmusiker eine schmale Treppe hin- untergelockt. Etwas unterhalb der Hauptverkehrsstraße befindet sich eine Uferpromenade mit kleinen Bars und Künstlern, die musizieren und ihr Handwerk präsentie- ren. Die Wände sind bunt mit Graffiti verziert und abge- sehen von vereinzelten Fahrradfahrern sind hier nur Fuß- gänger unterwegs. Hier, fernab des hektischen Gewusels und der Luxusläden, fühlen wir uns wohl. Auch Hannah kann sich entspannen – und macht sogar noch ein paar Urlaubsbekanntschaften. Wir schlendern gemütlich dahin und es wird schon dämmrig, als wir endlich den Prater erreichen. Ein Programmpunkt steht für heute noch auf der Liste: Wir wollen das Ende des 19. Jahrhunderts er- baute historische Riesenrad und Wahrzeichen von Wien begutachten – zumindest von außen. Doch völlig uner- wartet erlaubt man uns sogar, mit unserer Fellnase eine Fahrt anzutreten. So endet dieser doch recht chaotische Tag mit einer fantastischen Aussicht über das nächtlich beleuchtete Wien. Den Weg zurück zum Hotel nehmen Hannah und ich nur noch im Halbschlaf war und verlas- sen uns blind auf Herrchen Ede, der uns zielsicher durch das Wiener U-Bahn-System nach Hause lotst. Den nächsten Tag beginnen wir mit einem ausgie- bigen Frühstück und einer detaillierten Routenplanung. Zu unserer Freude befindet sich der Frühstücksraum des
noch zu besuchen und entdecke zu unserer beider Er- leichterung, dass einige Restaurants und Cafés geöffnet sind. Wir setzen uns und überlegen während des Essens, was wir mit dem verbliebenen Nachmittag anstellen wol- len. Als wir wieder aufbrechen, bin ich sogar ganz froh, dass der Naschmarkt heute nicht geöffnet hat. Nicht nur, weil wir so in aller Ruhe schlendern und vor den Schau- fenstern stehen bleiben können, sondern auch wegen Hannah, die mit ihren knapp 35 Zentimetern Schulter- höhe in einer wuseligen Menschenmenge leicht überse- hen wird. Außerdem sind auch so die Gerüche, gerade um die Fischstände herum, so intensiv, dass sie mit ihrer Nase den Boden aufzusaugen scheint. Unser Weg führt uns nun zu Fuß weiter Richtung Innenstadt, vorbei an der Akademie der bildenden Künste und durch den Schillerpark. Nach einem kurzen Stopp am Goethedenkmal stehen wir bereits an der Mauer, die uns vom Burggarten trennt. Wir folgen ihr, bis wir einen Ein- gang finden, wo man uns – Überraschung! – erneut darauf hinweist, dass Hunde nicht willkommen sind. Mittler- weile entlockt uns die Abweisung unserer vierbeinigen Begleiterin nur noch ein müdes Achselzucken und wir schlendern weiter die Mauer entlang, bis zum äußeren Burgtor. Hier scheinen wir ein Schlupfloch gefunden zu haben, da das Verbot sich offenbar in erster Linie auf die Parkanlage beschränkt. Nun haben wir doch noch die Möglichkeit, eines der historischen Gebäude mit seinem Prunk der Habsburger Regentschaft aus nächster Nähe bestaunen zu können. Nach einem Fotostopp am Helden- platz spazieren wir weiter stadteinwärts. Wir erhaschen einen kurzen Blick durch das geöffnete Tor der Spani- schen Hofreitschule, berühmt für ihre weißen Lipizzaner. Direkt davor befindet sich der Michaelerplatz, von dem die klassischen Kutschfahrten in den typisch Wiener Fia- kern starten. Wir schlendern durch die Einkaufsstraßen, vorbei an den Schaufenstern zahlreicher Luxusboutiquen, in Richtung Stephansdom. Einmal mehr sind wir froh, dass Sonntag ist und die Läden geschlossen haben, sodass sich der touristische Andrang in Grenzen hält. Je näher wir dem Dom kommen, desto dichter sind auch die schi- cken Cafés besetzt, mit Menschen in teuer aussehenden Outfits. Ein Sehen und Gesehenwerden. Der Dom, dessen Anfänge sich bis ins 12. Jahrhun- dert zurückverfolgen lassen, beeindruckt uns. Nicht nur durch sein pompöses Erscheinungsbild mit dem Haupt- portal, das auch „Riesentor“ genannt wird, und seinen Nordturm, der fast 70 Meter in den Himmel ragt, sondern auch mit dem außergewöhnlichen Zickzackmuster, in
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