Rütter – Das Magazin

QUALZUCHT

„Ich bin nicht süß – sondern krank!“ Sie gehören zu den beliebtesten Rassen überhaupt: Französische Bulldoggen, Möpse und ihre kurznasigen Artgenossen. Dass diese Hunde rassebedingt oft ein Leben unter Schmerzen und in Atemnot führen müssen, ist vielen Haltern und Halterinnen gar nicht bewusst. Und nicht nur Hunde mit kurzer Nase fallen unter den Begriff „Qualzucht“

Hunde Schmerzen haben und unter Atem- not leiden. Hier ist Aufklärung dringend notwendig! Und das betrifft nicht nur die Hundehal- terInnen bzw. zukünftigen HundehalterIn- nen, sondern gerade Menschen, die mit dem Thema Hund eigentlich gar nichts zu tun haben, aber oftmals unbewusst Qualzucht und das damit verbundene Leid fördern. Meist geschieht es im Nebensatz, als Small- talk beispielsweise zwischen einer Anmo- deration im Radio oder in einem Beitrag in den sozialen Medien. So beschrieb eine Radiomoderatorin erst kürzlich, dass sie sich nun endlich ihren Traum von einer Französischen Bulldogge erfüllen würde. Sie habe sich in diese Rasse verliebt, als sie die Fotos eines Popstars auf Instagram gesehen habe, und weil diese Hunde ja wirklich so „süß“ aussehen würden, müs- se nun eine einziehen. Dass sie damit Wer- bung für einen Hund mit Qualzuchtmerk- malen machte, war ihr mit Sicherheit nicht bewusst. Vor allem kurznasige Rassen werden auch oft in der Werbung und auf Plakaten gezeigt, beispielsweise für Pro- dukte, die dem Abnehmen dienen. Umfra- gen zeigen, dass hierdurch die Nachfrage nach solchen Rassen wächst. Meist erfolgt

die Auswahl von Qualzuchtrassen für Marketingstrategien jedoch mit Unwis- senheit über das Leid der betroffenen Tie- re. Ich möchte hier aber auch erwähnen, dass aufgrund erfolgreicher Aufklärung mittlerweile einige Werbekampagnen an- gepasst wurden, indem man auf die Dar- stellung dieser Rassen verzichtet hat. Ein erster kleiner Erfolg! Wenn dann so wie bei der oben genann- ten Radiomoderatorin erst einmal eine Französische Bulldogge oder ein anderer kurznasiger Hund eingezogen ist, hilft diesem Hund keine Aufklärung mehr. Es ist zu spät für Kritik, Anfeindungen oder einen Shitstorm. Die Aufklärung muss daher unbedingt vor der Auswahl eines Welpen stattfinden. Viele Menschen denken, dass es ja ge- setzlich geregelt sein wird, was in der Zucht erlaubt ist und was nicht. Und dann kommt sehr häufig immer auch der Ge- danke, dass solche Qualzuchtmerkmale ja nur wenige Hunde betreffen, dass es Ausnahmen sind, und diese, wenn über- haupt, vor allem wohl bei unseriösen Zuchten vorkommen. Aber leider sieht die Realität anders aus. Trotz mehrerer Auf- klärungskampagnen, beispielsweise

U m es direkt zu sagen: Ich bin ein großer Fan von Bulldoggen! Ich schätze ihren Charakter, und trotz des Wissens über das Leid und die Not dieser Rassen fällt es selbst mir manchmal schwer, Beiträge und Fotos von schnar- chenden kurznasigen Rassen nicht süß zu finden. Denn so sehr wie uns das Schnar- chen des/der Partners/Partnerin in der Nacht um den Schlaf bringt und aufregt, gibt es wohl nichts Gemütlicheres, als mit dem Hund zusammen auf dem Sofa zu liegen und den leisen Schnarchgeräuschen zu lauschen … Das Schlimme daran ist, dass wir durch die Vermenschlichung un- serer Hunde oftmals nicht wahrnehmen oder auch wahrhaben wollen, dass diese Valeriè Pöter ist studierte Tierärztin und DOGS Coach in Oldenburg. In ihrer Hundeschule bietet sie verschiedenste Alltags- und Erziehungskurse für „problematische“ Hunde an. www.martinruetter.com/oldenburg

„ Durch die Vermenschlichung nehmen wir oft nicht wahr, dass diese Hunde Schmerzen haben “

18 Martin Rütter 7/2022

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