GRUNDLAGEN
Wo wir doch wirklich alles dafür tun, damit es unserem vierbeinigen Freund gut geht. Doch ist das wirklich so? Und wie entsteht eigentlich eine gute Bindung? Und was macht eine gute Beziehung wirklich aus? Eine Begriffserklärung Im ersten Schritt muss man dazu die bei- den Begriffe „Bindung“ und „Beziehung“ einmal genauer voneinander abgrenzen. Eine Beziehung baut ein soziales Lebewe- sen zu jedem anderen sozialen Lebewesen auf, das es kennt bzw. mit dem es inter- agiert. Mit jeder Person, aber auch mit jedem anderen Hund baut unser Vierbei- ner also eine Beziehung auf. Jede Bezie- hung unterscheidet sich dabei, abhängig davon, welche Bedeutung der/die andere im Leben des Hundes spielt. Die Bezie- hung zum Nachbarn wird daher von voll- kommen anderer Qualität sein als die Beziehung des Hundes zu seinem Halter oder zu seiner Halterin. Die Bindung bezeichnet dagegen eine besonders enge Beziehung zu einem an- deren sozialen Lebewesen. Bindung setzt also das Bestehen einer Beziehung vor- aus! Damit der Hund eine Beziehung und damit eine Bindung zu uns Menschen „ Werde zum/zur KuschelpartnerIn deines Hundes “
aufbauen kann, muss er zunächst einmal auf den Menschen sozialisiert werden. Diese Sozialisierung findet bereits im Wel- penalter in der Sozialisierungsphase mit Beginn der dritten Woche statt. Echte Bindung zeigen Hunde frühestens im Al- ter von etwa 14 Wochen. Hat ein Hund bis zu dieser Zeit keine Erfahrungen mit dem Menschen machen können, wird er ein Leben lang diesem gegenüber eher ein Meideverhalten zeigen und damit keine Bindung an ihn entwickeln können. Was macht denn nun aber eigentlich eine gute Bindung aus? Wie kann man die Bindung eines Hundes an den Men- schen wirklich beurteilen? Verschiedene Verhaltensbiologen wie beispielsweise Erik Zimen oder Ádám Miklósi entwi- ckelten hierzu unterschiedliche Bin- dungstests. Allen gemeinsam sind drei Faktoren, welche Aussagen über die Bindung ermöglichen. • Individuelle Erkennung • Begrüßungsverhalten nach Trennung vom Menschen mit deutlicher Entspan- nung • Der Mensch als sichere Basis bei Erkun- dung und Gefahr
Entspanntes Alleinbleiben muss geübt werden
Beziehung eine so entscheidende und wichtige Rolle beim Bindungsaufbau spielt, sorgt auch beim Hund dafür, dass dieser sich enger an die Bezugsperson bin- det. In Studien wurde nachgewiesen, dass Hunde Oxytocin ausschütten, wenn sie von ihrer Bezugsperson angesehen oder gestreichelt wurden. Natürlich mag es nicht jeder Hund, fest in den Arm genommen und intensiv ge- drückt zu werden, das Bedürfnis nach körperlicher Nähe unterscheidet sich auch je nach Rasse bzw. von Hund zu Hund. Nutze jedoch dieses Wissen, indem du deinen Hund streichelst oder massierst. Beobachte ihn dabei genau und finde he- raus, an welchen Stellen er es besonders gern mag. Werde zum/zur Kuschelpartne- rIn deines Hundes und genieße diese ganz intimen Zeiten der Zweisamkeit.
Kuscheln fördert die individuelle Bindung
Die individuelle Erkennung ist logische Voraussetzung, wenn in einer Beziehung zwischen zwei Lebewesen eine enge Bin- dung entstehen soll. Bindung ist immer emotional, sie entsteht durch Nähe zwi- schen den Beziehungspersonen. Eine wichtige Rolle spielt dabei auch das soge- nannte „Kuschelhormon“ Oxytocin. Die- ses Hormon, das auch bei der Mutter-Kind-
Alleinbleiben muss gelernt werden
Hunde können uns Menschen nicht im- mer im Alltag begleiten, sie müssen ler- nen, auch einmal allein zu Hause zu blei- ben. Zieht ein Hund bei dir zu Hause ein, wird er sich zunächst einmal eng an dich anschließen. Er kennt sich hier nicht aus und wird daher die Nähe seiner neuen Bezugsperson suchen. Lässt du ihn nun sofort für längere Zeit allein, bedeutet das für ihn großen Stress, und er wird entwe- der erstarrt liegen bleiben oder aber ver- zweifelt bellen und heulen. Das Alleinblei- ben muss daher von Anfang an, egal ob du einen Welpen oder erwachsenen Hund zu dir nimmst, in kleinsten Schritten ge- übt werden. Nimm dir dafür einige Wo- chen Zeit, denn so wartet dein vierbeini- ger Begleiter später einmal ganz entspannt auf deine Rückkehr. Doch wenn dein Hund durch dein Trai- ning nun gelernt hat, völlig entspannt allein zu Hause zu bleiben, woran kannst
Beim Kuscheln werden Bindungshormone freigesetzt
40 Martin Rütter 7/2022
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