Rütter – Das Magazin

KÖRPERSPRACHE

Bleibt jeder in seinem Indiviualbereich, gibt es keine Probleme

Longieren ist eine tolle Sportart, um an der Verfeinerung der Körpersprache zu arbeiten

dass man ja eigentlich ein ganz netter Mensch ist. Unsere Kör- persprache sagt in diesem Moment aus Hundesicht etwas ande- res. In einer solchen Situation funktioniert dann auch keine Belohnung. Daher ist es wichtig, seinen Hund gut kennenzuler- nen, um herauszufinden, in welchem Umfeld er sich am wohlsten fühlt. Ein Hund, der an lockerer Leine und mit etwas Abstand mit seinem Menschen mitläuft, tut dies nicht besser oder schlech- ter als einer, der enger bei seinem Menschen geht. Nähe lässt sich nicht erzwingen, und Achtsamkeit im Hinblick auf Individual- distanz ist pure Höflichkeit. Gerade weil unsere Fellnasen so fein auf Körpersprache re- agieren, können wir dies natürlich auch nutzen, um gewissen Dingen mehr Nachdruck zu verleihen. Kommt dein Hund auf dich zugelaufen und du musst ihn abrupt abstoppen, weil ein Radfahrer euren Weg quert, so kann es bereits helfen, wenn du dich groß machst und mit erhobenen Armen wie ein lebendes Stopp-Signal stehen bleibst. Sehr gut kann man seine Körper- sprache auch beim Distanztraining verfeinern. Dabei wird der Hund an einem Longierkreis geführt, und zwar frei und möglichst ohne Wortsignale, sondern vornehmlich mittels Körpersprache. Die Hunde zeigen hier sehr klar, welche Botschaft bei ihnen an- kommt. Dreht der Mensch zu weit ein, hüpft der Vierbeiner in den Kreis hinein. Holt der Mensch Schwung aus der Körpermit- te und geht ein paar Schritte am Kreis entlang, läuft der Hund schneller. Am Distanzkreis lässt sich prima üben, was dann „in

freier Wildbahn“ und im Alltag wichtig ist. Man lernt, wie sich der Vierbeiner mit kleinen und wenigen Gesten abstoppen oder mitnehmen, beschleunigen oder verlangsamen lässt. Auch Sicht- signale auf größere Distanz werden klarer definiert. Denn sobald mal ein paar Meter dazwischen liegen, lassen sich unklare Be- wegungen nicht mehr gut einsortieren. Sollte das eben ein „Platz“ oder ein „Stopp“ sein? Die Reaktion deines Hundes verrät es dir, schau genau hin. Sehr hilfreich kann hier sein, sich selbst einmal beim Training mit seinem Hund und auch im alltäglichen Umgang zu filmen. Also Smartphone aufstellen und Aufnahme-Knopf drücken. Ein paar Minuten Filmmaterial reichen schon aus, um echte Aha- Effekte zu erzeugen. Nun kannst du dir noch einmal genau an- schauen, was dein Körper so „gesprochen“ hat und welche Si- gnale bei deinem Hund angekommen sind. Du kannst deine Gesten und deine Mimik verändern und das Ganze nochmals filmen. Was war nun anders? Hat dein Hund dich anders wahr- genommen, anders auf dich reagiert? Die Ergebnisse sind meist verblüffend. Bei Angelika und Bella, die ich anfangs erwähnt habe, hat schon geholfen, dass Frauchen sich beim Rückruf seitlich etwas abge- wandt hat, sodass die Großpudelhündin nicht auf eine „körper- sprachliche Mauer“ zulaufen musste. Sogleich war es kein Thema mehr für Bella, ganz nah heranzukommen und sich ihre leckere Belohnung und ein paar Streicheleinheiten abzuholen. FASSEN WIR ALSO NOCH MAL ZUSAMMEN:

Beim Rückruf sollte die Körpersprache nicht bedrohlich wirken

Wie kriegen wir es besser hin, damit unsere Hunde uns nicht für völlige Körpersprache-Kasper halten?

• Nutze eindeutige und klare Gesten für bestimmte Wortsignale • Bleib ruhig und sei nicht zappelig • Achte auf die Wohlfühlzone und die Individualdistanz deines Hundes • Verfeinere deine Körpersprache, z. B. mittels Distanztraining • Beobachte und reflektiere dich selbst. Hilfreich kann hier das Filmen sein

48 Martin Rütter 7/2022

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