Rütter – Das Magazin

SPIELEN

„ Beim Sozialspiel nehmen ranghohe Hunde oft den unsicheren Part ein “

hat. Beginne damit bereits von Welpe an, denn wenn dein Welpe gelernt hat, vorsichtig mit dir umzugehen, kann dein Hund auch im erwachsenen Alter in aller Regel sanft mit dir (und anderen Menschen) umgehen. Hat dein Hund dies gelernt, kannst du mit ihm problemlos Beiß- und Kampfspiele durchführen, dich mit ihm auf dem Boden rollen oder von ihm jagen lassen. Spielbeginn, Spielverlauf und Spielende Doch Achtung, die Wechselseitigkeit ist, wie zuvor schon ge- schrieben, ein wichtiges Kriterium. Wenn immer nur dein Hund der „Bestimmer“ sein will und sich nicht auf dich einlässt, kann das letztlich zu Problemen in der Beziehung zwischen dir und deinem Hund führen. Achte also darauf, dass das Verhältnis, wer ein Spiel beginnt, das Tempo und den Verlauf bestimmt

Hunden sieht man häufig solche Spielformen, bei denen sich der eigentlich überlegene Hund in die untergebene Position bringt, ganz klassisch beispielsweise bei Elterntieren gegenüber ihrem Nachwuchs. Dieses Verhalten kennen wir auch bei uns Menschen!

sowie das Spiel beendet, immer zu Gunsten deiner Entscheidungen liegt. Natürlich darf also auch dein Hund dich mal zu einem Spiel auffor- dern. Manchmal gehst du dann darauf ein, manchmal ignorierst du die Aufforderung deines Hundes jedoch. Denn auch wenn beide Spielpartner einander zum Spiel auffordern dürfen, solltest immer du die Entscheidung tref- fen, ob ein Spiel auch tatsächlich stattfin- det. So verdeutlichst du deinem Hund, dass du derjenige in eurer Beziehung bist, der Entscheidungen trifft, die Gruppe an- führt und an dem dein Hund sich orientieren kann. Achte auch darauf, das Spiel nach Möglich- keit selbst zu beenden, am besten dann, wenn es am

Doch natürlich gibt es hierbei auch Gren- zen und es müssen gewisse Regeln einge- halten werden. Der Rangniedrige darf nicht übertreiben, den Spielpartner ernsthaft verletzen, da sonst aus Spiel auch schnell einmal Ernst werden kann. Insbesondere bei körperlichen Spielen zwischen Mensch und Hund muss man die Intensität immer im Blick haben, denn Verletzungen erfolgen aufgrund der körperlichen Gegebenheiten bei uns nun einmal schneller als beim Hund. Hast du ei- nen sehr körperlichen und distanzlosen Hund, der auch außerhalb von Spielsituationen ständig

Schon als Welpe wird die Beiß- hemmung geübt

nach dir schnappt, dich zwickt und anrempelt, solltest du auf körperliche Spiele besser verzichten. Dein Hund würde sonst lernen, dass du ein solch rabiates Verhalten offensichtlich wünschst. Damit förderst du diese Distanzlosigkeit, und es könn- te letztlich dann zu einer ernsthaften Verletzung kommen. Hast du jedoch einen eher zurückhaltenden Hund, darf es gern auch mal ein bisschen stürmischer zugehen. Zuvor muss dein Hund jedoch erst einmal lernen, was im Spiel erlaubt ist und wo die Grenzen sind. Hunde erlernen die Grenzen untereinander bereits von Welpe an im gemeinsamen Miteinander: Der Welpe kommt zunächst ohne Beißhemmung auf die Welt. Es ist ihm nicht bewusst, wie stark er seine Zähne bei einem Sozialpartner einsetzen darf, ohne dass es diesem zu schmerz- haft wird. Mit Beginn der Sozialisierungsphase ab der vierten Woche probieren die Welpen sich aus und werden im Spiel immer rauer und heftiger. Wird es dem Spielpartner zu viel, stößt dieser einen Schmerzensschrei aus und beendet das gemeinsame Spiel. Manchmal beißt der Spielpartner sogar zurück. Durch beide Maßnahmen lernt der Welpe, dass es wenig sinnvoll ist, sein Verhalten weiter in dieser Stärke zu zeigen, denn dann ist das schöne gemeinsame Spiel erst einmal beendet. Da der Welpe aber weiterhin spielen möchte, wird er sein zukünftiges Verhal- ten anpassen. Im weiteren Spiel kann er nun herausfinden, wie stark er zubeißen darf, damit das Spiel noch weitergeht. Wenn dein Hund im Spiel mit dir seine Zähne zu stark einsetzt oder zu körperlich wird, also immer dann, wenn es zu grob zu- geht, beendest du das Spiel. Du kannst deinem Hund auch mit einem Aufschrei klarmachen, dass er eine Grenze überschritten

schönsten ist. Hunde beenden ein Spiel meist abrupt, indem in der Regel der ranghöhere Hund auf einmal anfängt, auf dem Boden zu schnüffeln und den Spielpartner zu ignorieren. Beende also auch du das Spiel, indem du alle Aktivitäten einstellst, deinen Hund ignorierst und dich mit etwas anderem beschäftigst. Würde dein Hund das Spiel beenden, müsstest

du um seine Aufmerksamkeit buhlen, ein Verhalten, das in einer Gruppe von Hunden eher die Rangnied- rigen zeigen. Achte also auf dei- nen Hund und beobachte ihn genau: Zeigt er bereits Anzei- chen dafür, dass seine Motivati- on zum Spiel nachlässt? Dann ist es spätestens jetzt an der Zeit, das Spiel zu beenden!

„ Beende das Spiel, wenn es am schönsten ist “

*Literatur: Hunde und ihre Menschen: Sozialverhalten, Verhaltensent- wicklung und Hund-Mensch-Beziehung als Grundlage von Wesenstests, Dorit Feddersen-Petersen, 2001, Franckh-Kosmos Verlag

54 Martin Rütter 7/2022

Made with FlippingBook flipbook maker